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Buchbesprechung

Das Einfache

Rudolf Paulus Gorbach
7. Januar 2013
Das Peri­odikum »Mies Haus Magazin« erscheint mit dem 9. Heft zum Thema »Die Kunst des Einfachen«. Im Zusam­menhang mit Mies van der Rohe ahnt man natürlich gleich die Aspekte, und im Text zum Heft heißt es auch schon: Das Einfache zu machen ist nämlich eine Kunst, viel­leicht sogar eine große Kunst. Da das nach wie vor auch ein Thema für die typo­gra­fische Gestaltung ist, sind einige Beiträge durchaus auch für prak­tische Anwen­dungen geeignet.

In einem Essay von Johannes Reinhardt wird erläutert, dass das Einfache mit dem Guten, dem Wahren und Schönen verknüpft ist. Schön ist, was sich sofort sinnlich in seinen Verhält­nissen durch­schauen lässt und was der Geist als geregelt, maßvoll und geordnet erkennt. Aber dass das nicht so einfach stimmt, beweisen Strö­mungen der Aufklärung und besonders der Beginn der Moderne mit Malern wie Mondrian oder später Gruppen wie BMTP oder Künstler der Minimal Art. Ist es die Einfachheit als ethisch-ästhe­tische Haltung oder die Einfachheit des Gelingens?

Steffen Schlei­er­macher geht dem Begriff in der Neuen Musik nach und kann das Einfache nicht so recht finden. Kompo­nieren, Aufführen oder Hören haben jeweils verschiedene Tücken, die eben nicht gleich einfach sind.

Ronald Berg spricht mit dem Philo­sophen Hannes Böhringer und dieser erwähnt gleich zu Beginn, dass der Begriff »einfach« ursprünglich aus der Archi­tektur, dem Fach­werkbau, kommt. Einfach ist das, was in ein Fach passt. Das Gespräch bewegt sich von Barock bis in unsere Zeit und erläutert zahl­reiche Strö­mungen und Anwen­dungen, die in der Kunst mit dem Einfachen zu tun haben.

Weitere Beiträge befassen sich mit der Villa Tugendhat in Brünn, der Restau­rierung der Kunst­hoch­schule in Berlin-Weißensee (die für die Typo­grafie nicht unwe­sentlich ist), dem Backstein als einfachem Material oder dem schweren Einfachen im Zen.

Noch etwas zur schönen Gestaltung des Heftes: Die Futura passt sehr gut zum Thema, aber sie ist leider in der schmalen Ausführung und mit so knappem Wort­abstand anstrengend zu lesen. Auf einigen Seiten über­treibt der Heft­ge­stalter, indem er grafisch zwar sehr schön große Zeilen über den Lesetext legt. Dabei habe ich das Lesen unter­brochen, denn ich bin kein Typo­de­dektiv.

Mies Haus Magazin M Nr. 9
Die Kunst des Einfachen
72 Seiten
form+zweck Verlag, Berlin 2012
ISBN 978–3–935053–71–6
18 Euro

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