Zwischen Weißraum und den Zeichen
Aber vielleicht haben Sie längst eine der positiven Besprechungen in den großen Tageszeitungen gelesen. Die Rezensenten haben fast alle auf den Hintergrund der typografischen Szene in diesem Buch hingewiesen. Und ich werde mich nur damit beschäftigen. Stil und Erzählung dieses Romans von Ulf Erdmann-Ziegler gefallen mir ohnehin sehr gut.
Die junge Frau, deren spannende Geschichte hier erzählt wird, möchte die »ultimative Schrift« finden, die nicht weiter auffällt. Die Szene ist bekannt und für Insider kaum verhüllt. Ein Bleisatz-Praktikum in Nördlingen in den siebziger Jahren, natürlich nicht bei C.H. Beck, sondern in Grenos Werkstatt, sowie ein Studium unter der Leitung von Kurt Weingart in Kassel folgten. Professorenstars schweben heran, sind kaum anwesend, die Mühe um Schrift und Gestaltung wird deutlich und Weingart wird doch ein wenig charakteristisch deutlich, auch als Förderer von Qualität. Später dann die Arbeit in einem großen Atelier in Paris, das jenes von Frutiger sein könnte. Auch Frutiger wird so beschrieben, wie er vielen aus den Achtziger- und Neunzigerjahren in Erinnerung ist.
Der Autor ist entweder ein Kenner der Szene oder hervorragend informiert. Die Verwebung der Geschichte mit der grafischen Welt klingt plausibel. Und Ältere unter den Typografen werden sich an Vieles erinnern. Die Geschichte der jungen Frau passt in unsere Zeit und deshalb empfehle ich die Lektüre dieses Buches (es müssen ja nicht immer Fachbücher sein).
Ulf Erdmann-Ziegler
Nichts Weißes
Roman
256 Seiten
Suhrkamp Verlag Berlin 2012
19,95 €
ISBN 978–3–518–42326–4
Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten
Lesen im digitalen Zeitalter
Nein, dieses Buch jammert nicht darüber, dass dank der Computer immer weniger gelesen wird. Ganz im Gegenteil. Das Unbehagen am digitalen Lesen ist unbegründet. Der Literaturwissenschaftler Gerhard Lauer geht dem auf den Grund und beginnt gleich mit dem uns Menschen innewohnenden Hunger nach Geschichten.