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Kurt Tucholsky, Typographische Monatsblätter 4/1972

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Buchbesprechung

Zwischen Weißraum und den Zeichen

Rudolf Paulus Gorbach
28. Januar 2013
Vor dem Umschlag bleiben Typo­grafen gebannt stehen: Welcher Verlag oder welcher Gestalter traut sich das? Oder ist es ein Roman aus der Auge­n­a­rztszene? Ein Roman (keine Sorge, ich werde keine Lite­ra­tur­be­sprechung schreiben), der inhaltlich womöglich etwas mit Typo­grafie zu tun hat?

Aber viel­leicht haben Sie längst eine der positiven Bespre­chungen in den großen Tages­zei­tungen gelesen. Die Rezen­senten haben fast alle auf den Hintergrund der typo­gra­fischen Szene in diesem Buch hinge­wiesen. Und ich werde mich nur damit beschäftigen. Stil und Erzählung dieses Romans von Ulf Erdmann-Ziegler gefallen mir ohnehin sehr gut.

Die junge Frau, deren spannende Geschichte hier erzählt wird, möchte die »ulti­mative Schrift« finden, die nicht weiter auffällt. Die Szene ist bekannt und für Insider kaum verhüllt. Ein Bleisatz-Praktikum in Nörd­lingen in den siebziger Jahren, natürlich nicht bei C.H. Beck, sondern in Grenos Werkstatt, sowie ein Studium unter der Leitung von Kurt Weingart in Kassel folgten. Profes­so­renstars schweben heran, sind kaum anwesend, die Mühe um Schrift und Gestaltung wird deutlich und Weingart wird doch ein wenig charak­te­ristisch deutlich, auch als Förderer von Qualität. Später dann die Arbeit in einem großen Atelier in Paris, das jenes von Frutiger sein könnte. Auch Frutiger wird so beschrieben, wie er vielen aus den Achtziger- und Neun­zi­ger­jahren in Erin­nerung ist.

Der Autor ist entweder ein Kenner der Szene oder hervor­ragend informiert. Die Verwebung der Geschichte mit der grafischen Welt klingt plausibel. Und Ältere unter den Typo­grafen werden sich an Vieles erinnern. Die Geschichte der jungen Frau passt in unsere Zeit und deshalb empfehle ich die Lektüre dieses Buches (es müssen ja nicht immer Fach­bücher sein).

Ulf Erdmann-Ziegler
Nichts Weißes
Roman
256 Seiten
Suhrkamp Verlag Berlin 2012
19,95 €
ISBN 978–3–518–42326–4

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