Neueste Forschung zu Gutenbergs Erbe
Sofort fällt die hervorragende typografische Gestaltung von Ralf de Jong auf. Der Satz erfolgte mit der MT Walbaum, einer Walbaum, die noch schöner ist als die Bleisatzversion. Der historisch warme Eindruck dieser relativ neuen Version ist sehr angenehm.
Ganz nah an unserer Zeit ist ein Bericht des Medienhistorikers Jürgen Wilke. Er analysiert die Presseberichterstattung der großen Londoner Pest von 1665/66, die als eine der schlimmsten Epidemien der frühen abendländischen Neuzeit gilt. Wilke beginnt mit Daniel Defoe, der in einem Tagebuch bereits eine frühere Pest (1722) beschrieb. Die Kommunikationswege der Zeit werden dargestellt und zeitgenössische Pesttraktate werden zitiert. Gerne wurden in der Presse auch die Opferzahlen genannt. Nebenbei hat das einiges mit Presserecht oder Zensur zu tun. Die Umstände der Berichterstattung bei den Zeitungen »The Intelligencer«, »The News« oder »The Oxford Gazette« werden ausgewertet und auch abgebildet. Doch auch Zeitungsartikel in deutschen Zeitungen werden untersucht. Es gibt Parallelen zu heute.
Einige Beiträge dieses Jahrbuchs als Beispiele (teilweise in ihren Originalsprachen gesetzt). So kann man ein Lehrbuch zur Rhetorik von Albrecht von Eyb von der handschriftlichen Verfassung bis zum Druck von 1472 verfolgen. Umfangreiche Beispiel- und Vergleichsabildungen finden sich bei »Christophorus Valdarfers Roman Types and their Imitations« von Riccardo Olocco. Über die L’Imprimerie Lithographique Engelmann in Mulhouse berichtet Dominique Lerch über eine Druckerei des 19. Jahrhunderts. Und viele weitere Beiträge… Und natürlich rentiert es sich erst recht, in frühere Bände des Jahrbuchs reinzuschauen.
Es ist sicherlich ziemlich »speziell«, was hier vorgestellt wird. Aber die Druckgeschichte und damit die Geschichte des Buches sind ja ohnehin und darüber hinaus ziemlich spannend, wenn man sich damit befasst (was zur Typografie dazu gehört).
Gutenberg-Jahrbuch 2021
Hrsg. im Auftrag der Gutenberg-Gesellschaft von Stephan Füssel
356 Seiten
Leinen mit Schutzumschlag
Harrassowitz-Verlag, Wiesbaden 2021
ISBN 978–3–447–11620–6
98 Euro
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Bleisatz und (Buch)Druck
Das Handwerk der »Schwarzen Kunst« ist wieder populär geworden. Die Gründe hierfür dürften vielfältig sein: die Liebe zu einem handwerklichen System, das es so nicht mehr gibt, und die Lust am handwerklichen Machen: Setzen im Handsatz, Seiten umbrechen, Formen schließen, »echt drucken«, Werkstatt riechen.