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Buchbesprechung

Neueste Forschung zu Gutenbergs Erbe

Rudolf Paulus Gorbach
14. September 2021
Wer sich für die Inkunabel- und Früh­druck­for­schung inter­essiert, findet im Gutenberg-Jahrbuch, das bereits seit 1926 jährlich erscheint, ausführliche Berichte und Infor­ma­tionen. Ich verfolge die Ausgaben seit 2006 mit großem Interesse, hier stelle ich die 96. Ausgabe für das Jahr 2021 vor.

Sofort fällt die hervor­ragende typo­gra­fische Gestaltung von Ralf de Jong auf. Der Satz erfolgte mit der MT Walbaum, einer Walbaum, die noch schöner ist als die Blei­satz­version. Der historisch warme Eindruck dieser relativ neuen Version ist sehr angenehm.

Ganz nah an unserer Zeit ist ein Bericht des Medi­en­his­to­rikers Jürgen Wilke. Er analysiert die Pres­se­be­richt­er­stattung der großen Londoner Pest von 1665/66, die als eine der schlimmsten Epidemien der frühen abend­län­dischen Neuzeit gilt. Wilke beginnt mit Daniel Defoe, der in einem Tagebuch bereits eine frühere Pest (1722) beschrieb. Die Kommu­ni­ka­ti­onswege der Zeit werden darge­stellt und zeit­ge­nös­sische Pest­traktate werden zitiert. Gerne wurden in der Presse auch die Opfer­zahlen genannt. Nebenbei hat das einiges mit Pres­serecht oder Zensur zu tun. Die Umstände der Bericht­er­stattung bei den Zeitungen »The Intel­li­gencer«, »The News« oder »The Oxford Gazette« werden ausge­wertet und auch abge­bildet. Doch auch Zeitungs­artikel in deutschen Zeitungen werden untersucht. Es gibt Parallelen zu heute.

Einige Beiträge dieses Jahrbuchs als Beispiele (teilweise in ihren Origi­nal­sprachen gesetzt). So kann man ein Lehrbuch zur Rhetorik von Albrecht von Eyb von der hand­schrift­lichen Verfassung bis zum Druck von 1472 verfolgen. Umfang­reiche Beispiel- und Vergleichs­a­bil­dungen finden sich bei »Chri­s­to­phorus Valdarfers Roman Types and their Imitations« von Riccardo Olocco. Über die L’Im­primerie Litho­gra­phique Engelmann in Mulhouse berichtet Dominique Lerch über eine Druckerei des 19. Jahr­hunderts. Und viele weitere Beiträge… Und natürlich rentiert es sich erst recht, in frühere Bände des Jahrbuchs rein­zu­schauen.

Es ist sicherlich ziemlich »speziell«, was hier vorge­stellt wird. Aber die Druck­ge­schichte und damit die Geschichte des Buches sind ja ohnehin und darüber hinaus ziemlich spannend, wenn man sich damit befasst (was zur Typo­grafie dazu gehört).

Gutenberg-Jahrbuch 2021 
Hrsg. im Auftrag der Gutenberg-Gesell­schaft von Stephan Füssel 
356 Seiten
Leinen mit Schutz­um­schlag
Harras­sowitz-Verlag, Wiesbaden 2021
ISBN 978–3–447–11620–6
98 Euro

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