Bleisatz und (Buch)Druck
Heutzutage gibt es nur noch wenige Experten, die gelernt haben, wie man Bleisatz herstellt. Aber dafür gibt es den Verein für Schwarze Kunst, der erfolgreich Ausbildungen im Walz-System anbietet und bereits mehrere Kurse durchgeführt hat. Viele neue Werkstätten und Druckereien sind entstanden, deren Arbeitsweise jedoch anders ist als die der etablierten bibliophilen Druckereien. Sie haben eine Vorliebe für einzelne Buchstaben aus Blei oder Holz und eine Faszination für alte Tiegeldruckpressen.
Die Fachbücher für das grafische Gewerbe, die sich mit Bleisatz und Hochdruck beschäftigen, sind über 60 Jahre alt und auf die komplexe Ausbildung der einzelnen Berufe ihrer Zeit ausgerichtet. Zu mühsam zu lesen und zu detailliert, um sich heute einen Überblick zu verschaffen. Und so ist es eine gute Idee, dass Heike Schnotale, selbst spät gelernte Schriftsetzerin, und Michael Wörgötter, Professor für Typografie mit Wurzeln in der Lithografie, das Thema für heutige Bedürfnisse zu einem Buch komponiert haben. Und da ist für die Werkstattfans alles dabei, was man dazu braucht.
Das Buch beginnt mit der Organisation und dem Aufbau einer Satz-Druck-Werkstatt, beschreibt die nötigen Möbel und Geräte und führt in den Bereich der Bleisatzschrift ein. Etwas Schriftgeschichte und die DIN-Klssifikation werden mit einer Auswahl von gängigen Bleisatzschriften ergänzt. Das ist wichtig für den kulturellen Bezug der Leser. Planvoll geht es dann ans Setzen, wobei ein Modell einer Nachbildung einer Drucksache von Kurt Schwitters als »Laborratte« funktioniert. Die typografische Basis wird hier an den Wurzeln, dem Bleisatz, erläutert und in vielen Abbildungen gezeigt. Die handwerklichen Techniken um Druckformen zu bauen (oft bestaunt) samt nötiger Arbeitshilfen wie Klebeumbruch, aber auch die Basis des Druckpapiers finden Beachtung. Selbst an eine Mini-Einführung zur Farbe wurde gedacht. Setzmaschinen, Druckpressen werden beschrieben. Aber einen Heidelberger Zylinder kann man deshalb wohl noch nicht ohne weiteres bedienen, obwohl gerade das Kapitel über die Arbeit an der Druckpresse alle Arbeitsschritte (sogar die Zurichtung per Handausschnitt) enthält. Und schließlich wird auch das Finale einer Drucksache, die buchbinderische Verarbeitung oder das Fertigmachen beschrieben.
Das Text-Bild-Buch ist sehr lebendig gestaltet, gesetzt in der Genzsch-Antiqua von Lazydog (Schriftmischung mit der Univers), allerdings sinnvollerweise digital, also nicht im Bleisatz. Und das Buch ist informativ für alle, die die Techniken der Schwarzen Kunst verstehen wollen. Als ehemaliger Buchdrucker kommen bei mir viele Erinnerungen hoch. Es war damals oft mühsam, aber im Rückblick auch schön.
Heike Schnotale, Michael Wörgötter
Bleisatz
Ein Werkstattbuch
160 × 240 mm
319 Seiten
Ganzpappband
Rheinwerk Design, Bonn 2022
ISBN 978–3–8362–8770–8
39,90 Euro
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