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zitate
Wichtiger als die bedruckte Fläche ist in der Gestaltung die unbe­druckte.
Joachim Opfer

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Branche

Typen im Fluss mit Typogram Studio

Michi Bundscherer
21. Juli 2025
Mehr Typo, weniger Klicks: Ein neues Design-Tool verspricht, die Arbeit mit Schrift so direkt und intuitiv zu machen, wie es sonst nur das Skiz­zieren mit dem Bleistift ist. Ligaturen, Glyphen, variable Fonts: alles da, wo man’s braucht. Typogram Studio heißt das Tool, das im Browser läuft und derzeit für Neugier sorgt.

Wer schon einmal in Illus­trator nach Ligaturen gesucht oder in InDesign alter­native Glyphen aktiviert hat, kennt das Problem: Typo­gra­fische Features verstecken sich in verschach­telten Menüs. Typogram Studio rückt Schrift ins Zentrum der Gestaltung. Das brow­ser­ba­sierte Tool von Wenting Zhang und Hua Shu wird bereits als »Figma für die Typo­grafie« gehandelt.

Features im Fokus

Der Unter­schied zeigt sich sofort beim Start: Alle typo­gra­fischen Optionen sind direkt im Interface sichtbar. Ligaturen akti­vieren? Ein Klick. Alter­na­tiv­glyphen durch­pro­bieren? Sofort verfügbar. Variable Fonts nutzen? Das exklusive »Variable Font Gradient«-Feature steuert fließende Übergänge – und zwar nicht nur linear, sondern über einen Kurve­n­editor mit indi­viduell anpassbaren Verläufen.

Wie das in der Praxis funk­tioniert, zeigt ein Walkthrough-Video der Entwickler.

Dazu kommen weitere durch­dachte Funk­tionen:

  • Ein Artboard-Generator, der Layouts auto­matisch aus Schrift­cha­rak­te­ristika erstellt.

  • Ein AI-Icon-Generator, der skalierbare Pikto­gramme auf Beschreibung liefert.

  • Eine Farb­pa­letten-Suche via Hex-Code – für harmo­nische Kombi­na­tionen mit einem Klick.

Elegant auch der nahtlose Export-Workflow: Komplette Artboards oder einzelne Zeichen lassen sich als PNG oder SVG expor­tieren – oder für Figma und Illus­trator direkt in die Zwische­n­ablage kopieren. Weitere Feature finden sich auf der Landingpage.

Faire Lizen­zierung, wenig Einstiegs­hürden

Die Schrift­bi­bliothek umfasst aktuell 2.735 Schrift­fa­milien. In der kosten­pflichtigen Version (6 Dollar/Monat) sind alle kommerziell nutzbar – für Branding, Social Media oder schrift­ba­sierte Gestal­tungs­elemente. Die kostenlose Basis­version bietet alle Kern­funk­tionen und immerhin 1.355 Fonts – und das ohne Angabe einer Kreditkarte oder ähnlichen Hürden.

Fazit

Logos, Headlines, Social Posts, Plakate, Webgrafiken, Slides, Packaging-Designs, Teaser­bilder, Zitate, Intro-/Outro-Grafiken … Typogram Studio eignet sich für schrift­ba­sierte Gestal­tungen, bei denen typo­gra­fische Wirkung im Vordergrund steht – besonders dort, wo Schnel­ligkeit, visuelle Prägnanz oder stilis­tische Feinheit gefragt sind, ohne den Umweg über klas­sischen Textsatz zu gehen. Denn für längere Fließtexte oder redak­ti­onelle Layouts ist das Tool natürlich nicht geeignet.

Wie bei allen stil­prä­genden Features stellt sich die Frage: Wie lange dauert es, bis sich solche »Effekte« abnutzen? Dennoch: Das noch junge Tool macht Schrift-Features zugänglich, die in herkömm­lichen Design-Tools oft versteckt bleiben. Erste Rück­mel­dungen von Nutzern, darunter angeblich Grafiker von NBC Universal und Disney, sollen positiv ausge­fallen sein.

Jetzt auspro­bieren: typogram.co/studio

Aufmerksam geworden auf Typogram Studio bin ich durch die Typo­grafie-Expertin Sofie Beier – vielen Dank dafür!

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