Typen im Fluss mit Typogram Studio



Wer schon einmal in Illustrator nach Ligaturen gesucht oder in InDesign alternative Glyphen aktiviert hat, kennt das Problem: Typografische Features verstecken sich in verschachtelten Menüs. Typogram Studio rückt Schrift ins Zentrum der Gestaltung. Das browserbasierte Tool von Wenting Zhang und Hua Shu wird bereits als »Figma für die Typografie« gehandelt.
Features im Fokus
Der Unterschied zeigt sich sofort beim Start: Alle typografischen Optionen sind direkt im Interface sichtbar. Ligaturen aktivieren? Ein Klick. Alternativglyphen durchprobieren? Sofort verfügbar. Variable Fonts nutzen? Das exklusive »Variable Font Gradient«-Feature steuert fließende Übergänge – und zwar nicht nur linear, sondern über einen Kurveneditor mit individuell anpassbaren Verläufen.

Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt ein Walkthrough-Video der Entwickler.
Dazu kommen weitere durchdachte Funktionen:
Ein Artboard-Generator, der Layouts automatisch aus Schriftcharakteristika erstellt.
Ein AI-Icon-Generator, der skalierbare Piktogramme auf Beschreibung liefert.
Eine Farbpaletten-Suche via Hex-Code – für harmonische Kombinationen mit einem Klick.
Elegant auch der nahtlose Export-Workflow: Komplette Artboards oder einzelne Zeichen lassen sich als PNG oder SVG exportieren – oder für Figma und Illustrator direkt in die Zwischenablage kopieren. Weitere Feature finden sich auf der Landingpage.
Faire Lizenzierung, wenig Einstiegshürden
Die Schriftbibliothek umfasst aktuell 2.735 Schriftfamilien. In der kostenpflichtigen Version (6 Dollar/Monat) sind alle kommerziell nutzbar – für Branding, Social Media oder schriftbasierte Gestaltungselemente. Die kostenlose Basisversion bietet alle Kernfunktionen und immerhin 1.355 Fonts – und das ohne Angabe einer Kreditkarte oder ähnlichen Hürden.
Fazit
Logos, Headlines, Social Posts, Plakate, Webgrafiken, Slides, Packaging-Designs, Teaserbilder, Zitate, Intro-/Outro-Grafiken … Typogram Studio eignet sich für schriftbasierte Gestaltungen, bei denen typografische Wirkung im Vordergrund steht – besonders dort, wo Schnelligkeit, visuelle Prägnanz oder stilistische Feinheit gefragt sind, ohne den Umweg über klassischen Textsatz zu gehen. Denn für längere Fließtexte oder redaktionelle Layouts ist das Tool natürlich nicht geeignet.
Wie bei allen stilprägenden Features stellt sich die Frage: Wie lange dauert es, bis sich solche »Effekte« abnutzen? Dennoch: Das noch junge Tool macht Schrift-Features zugänglich, die in herkömmlichen Design-Tools oft versteckt bleiben. Erste Rückmeldungen von Nutzern, darunter angeblich Grafiker von NBC Universal und Disney, sollen positiv ausgefallen sein.
Jetzt ausprobieren: typogram.co/studio

Aufmerksam geworden auf Typogram Studio bin ich durch die Typografie-Expertin Sofie Beier – vielen Dank dafür!
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