Super-Familien der Schrift
Und man fängt gleich an mit sehr guten Fotostrecken von Familien. Danach werden die Familienbilder immer mehr – in einem »harten« Layout – von Schriftfamilien eingenommen. Die Kompositionen sind manchmal rätselhaft, machen Spaß beim Durchblättern. Und es gibt sehr witzige Illustrationen zu Schriftnamen.
Natürlich geht es in diesem Heft auch um große Schriftfamilien. Stefan Claudius wirft einen »Schulterblick« während der Entwicklung einer Großfamilie zu. Dabei erklärt er seinen Weg der Interpolation mit der Software Interpolation. Darüber hinaus versucht er sogar, eine Textschrift mit dem Italienisch-Charakter zu gestalten. Allerdings bezeichnet er die damit erzeugten Schriften zunächst als Ausgangsmaterial, das er dann sorgfältig bearbeitet.
Spannende Darstellungen von Super-Familien (oder Schrift-Sippen) wie Mr. & Mrs. Eaves (Emire) werden gezeigt; Schriftgestalter sprechen über ihr Verständnis von Superfamilien und was sie davon als wichtig empfinden. Ganz besonders ist da ein Gespräch mit Andreas Frohloff und Ivo Gabrowitsch zu erwähnen, in dem über Begriffe wie Super-Familien, Dynastien und Großfamilien philosophiert wird. Und immer wieder kommt der Aspekt der Lesbarkeit und die Grenzen des Ausbaus einer Großfamilie zur Sprache. Der unterschiedliche Begriff für Strichstärken schafft nicht gerade Klarheit. Dass viele Gestalter heute ihre eigenen Schriften machen, findet Gabrowitsch super, da es durch diese »Demokratisierung« viele richtig gute Schriften gibt.
Julia Kahl spricht mit Albert Jan Pool über die DIN-Schriften. Überall gibt es interessante Meinungen, Gestaltungserfahrungen und Aspekte der Zukunft. Pool erläutert beispielsweise die versteckten Verwandtschaften zwischen Schriften, die nur wenige kennen. Er könnte sich sogar eine DIN-Serie vorstellen, aber eine Garamond Sans eher nicht. Der Erfolg der Superfamilien scheint auch an Bedürfnissen des Corporate Designs gebunden zu sein. Offen und fair spricht Pool über seine Erachtens misslungene Schriftfamilien wie die Rotis oder die Compatil und auch die DIN-Konkurrenten werden betrachtet.
Ein gut informierendes und unterhaltendes Heft. Die Grafik auf dem Cover macht neugierig, zudem sie von Indra Kupferschmied stammt, bleibt aber etwas rätselhaft.
Slanted Magazine 19
Super Families
162 Seiten
Magma Brand, Karlsruhe 2012
ISSN 1867–6510
14 Euro
www.slanted.de/product/slanted-19-super-families
Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten
Experimentelle Typografie heute
Typografische Experimente sind für Gestalterinnen und Gestalter sehr reizvoll. Denn dabei verlässt man oft die Funktionen der Typografie und nähert sich sogar der Kunst. Die Frage ist: Wann oder wo beginnt Gestaltung als Experiment? Wo verlässt es die eigentliche Typografie? Und inwiefern kann sie für eine zeitgemäße Designforschung von Nutzen sein?
Mono Moment
Erstaunlich ist doch, wie viele Monospace-Schriften es heute noch gibt. Durch ihre gleiche Buchstabenbreite sind sie eigentlich schlecht lesbar. Populär wurden sie erst, als Schreibmaschine ab Mitte des 19. Jahrhunderts groß rauskam. Sogar Friedrich Nietzsche war ihr großer Fan.
Gewinnerarbeiten Granshan 2011
Die Typografische Gesellschaft München veranstaltete 2011 zum zweiten Mal in Folge gemeinsam mit dem armenischen Kulturministerium den Granshan Type-Design-Wettbewerb für nicht-lateinische Schriften – eine Kooperation, die während der Studienreise der tgm nach Armenien 2009 ins Leben gerufen wurde.
Gemischter Satz: gemischte Schriften
Das Mischen von Schriften ist schwierig. Die Typografie kommt hier an ihre Grenzen. Hier herrschen – statt Fachwissen und Können — Lust an Dekorativen. Ich persönlich gehöre allerdings zu der Gruppe von Typografen, die sehr selten Schriften zusammenbringen. Umso interessanter finde ich das vorliegende Buch von Philipp Stamm.
Checkliste für optimale Schrift
Bücher zum Thema Schrift gibt es nicht wenige. Möchte sich ein neues Werk vom Rest abheben, muss es mehr bieten, als Fachbegriffe bebildert zu erklären. Mit »Schrift. Wahl und Mischung«, einem fast 1.660 Gramm schweren Buch – das man so beispielsweise auch als kleines schwarzes Podest verwenden könnte – ist nun ein weiteres erschienen. Kann dieses Buch Neues bieten?