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Buchbesprechung

Neue Reihe zur Buchästhetik

Rudolf Paulus Gorbach
28. Oktober 2013
Eine Über­ra­schung. Im Wallstein Verlag gibt Klaus Detjen eine neue Reihe mit dem Titel »Ästhetik des Buches, die Buchform und das Buch als Form« heraus. Drei Bände liegen bereits vor, weitere werden folgen und wir können uns darauf freuen.

Die Bände sind in sympa­thischem Lese­format (130 × 205 mm) flexibel in Broschuren mit Schutz­um­schlag gebunden.

Im ersten Band mit dem Titel »normal regulär book roman« liefert Hans Andree einen Beitrag zur Typo­grafie- und Schrift­ge­schichte (wie auch der Untertitel lautet). Es handelt sich hierbei um eine kurze Schrift­ge­schichte, die insbe­sondere von geschriebenen und gedruckten Büchern ausgeht. Wie gewohnt sind Andrees Ausfüh­rungen brillant und bewegen sich von der Schrift der Griechen bis zu heutigen Telefon- und Bild­schirm­medien.

Der zweite Band stammt von Günter Karl Bose, der sich mit dem Ende der gedruckten Bücher befasst, unter dem Titel »Das Ende einer Last«. Bose beginnt mit dem Gewicht, das Bücher haben und dass sie uns Lesern sowie den Biblio­theken damit zur Last fallen können. Dies wird in diesem Beitrag durch sehr spannende Darstel­lungen aus der Geschichte des Buches erläutert, die den Buchmarkt, die Verlags­ge­schichte, die Mate­rialien, den Druck und vor allem die Typo­grafie betreffen. Die Liebe zum gedruckten Buch ist stets spürbar und somit ist das Ende der Lust nicht abzusehen. Bose endet mit »… scheint von dem, was wir sehen und anfassen, was wir begreifen können und was schwer in der Hand liegt, eine gewisse Beru­higung auszugehen. Viel­leicht sind es solche Empfin­dungen, die uns bei den Büchern halten.«

Im dritten Band geht Gerd Fleischmann auf die besondere Leistung Jan Tschi­cholds für die moderne Lese­ty­po­grafie ein. »Tschichold na und?« zitiert eine Erfahrung mit jungen Gestaltern. Fleischmanns Buch besteht aus 24 Miniaturen über und zu Tschichold. Ein zentrales Kapitel besteht aus den Satz­regeln, die Tschichold 1947 für den Satz der Penguin-Bücher aufge­stellt hat. Daneben steht die deutsche Über­setzung, die Tschichold 1951 für den deutsch-schwei­ze­rischen Satz nach­geholt hat. Und natürlich hat Fleischmann die einzelnen Satz­ru­briken kennt­nisreich für unsere heutige Technik kommentiert. Viel­leicht ist mit dieser Ausführung erstmals eine syste­ma­tische Anweisung im Sinne des Lesens für die Buch­ge­staltung formuliert worden.

Viele der Miniaturen hängen mit der eigenen Erfahrung des Autors oder dem kritischen Gebrauch von Büchern, die in unserer Zeit entstanden sind, zusammen. Und immer geht es vor allem um das Lesen, ganz in der Fort­führung der Tradition Tschi­cholds, doch recht unver­krampft und erfri­schend lesenswert.

Die Bände sind jeweils von den Autoren gestaltet. Dass hier jeder seine eigenen Präfe­renzen nutzt, ist selbst­ver­ständlich. Einige Fragen eines lesenden Typo­grafen tauchen aber dennoch auf. Bei Bose ist der Text aus der sehr schönen Augereau-Antiqua von John Abrams aus dem Jahr 1986 gesetzt, die aber eher klassisch wirkt und eher bewahrend als beendend ist. Die anderen Ebenen der Bilder im schönen Duplexdruck scheinen etwas zufällig im Buch platziert zu sein.

Hans Andrees sehr dichte Typo­grafie (aus der Adobe Garamond Pro und Bild­le­genden aus der Avenir gesetzt) folgt der wunderbaren Idee, dass die lesens­werten Fußnoten immer gleich »greifbar« und damit auf der linken Seite stehen, was man nach der zweiten Doppelseite schon kapiert. Allein des dichten Textes wegen erschweren große Einzüge und Abstände nach den Fußnoten das Lesen etwas.

In Fleischmanns Buch, das absichtlich nicht in der Sabon, sondern in Bezug auf die heutige Zeit aus der Scala-Sippe gesetzt ist, bleibt die Frage, warum ein Textbuch, das drei Bilder enthält, auf einem gestri­chenen (wenn auch sehr schönen) Gardapat 13 Kiaro gedruckt wird.

Sowohl bei Fleischmann als auch bei Bose bedauert man als Leser, dass man für die höchst inter­es­santen und lesens­werten Fußnoten im Buch hinten blättern muss. Allerdings finde ich die Fußnoten so inter­essant, dass sie auch im Haupttext hätten stehen können.

Reihe: Ästhetik des Buches
Heraus­gegeben von Klaus Detjen

Band 1
Hans Andree
normal regular book roman
Ein Beitrag zur Schrift- und Typo­gra­fie­ge­schichte

72 Seiten mit 20 Abb.
engl. brosch.
€ 19,90
ISBN 978–3–8353–1354–5

Band 2
Günter Karl Bose
Das Ende einer Last
Die Befreiung von den Büchern

80 Seiten mit 14 Abb.
engl. brosch.
€ 19,90
ISBN: 978–3–8353–1355–2

Band 3
Gerd Fleischmann
Tschichold – na und?

79 Seiten mit 3 Abb.
engl. brosch., 13,0 × 20,5€ 19,90
ISBN: 978–3–8353–1353–8

Wallstein Verlag, Göttingen 2013

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