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Buchbesprechung

Max Bollwage: Buchstabengeschichte(n)

Oliver Linke
28. Oktober 2011
»Es ist bestimmt keine Strafe, in dem Buch zu lesen« sagt Max Bollwage augen­zwinkernd über sein neues Buch, die »Buch­sta­ben­ge­schichte(n)«. Beim ersten Duch­blättern macht mich das konser­vative Layout miss­trauisch; die unzu­rei­chende Qualität einiger Abbil­dungen stört, manche sind durch Einfär­bungen sogar regelrecht verfälscht worden.

Doch bei der Lektüre wird schnell klar, dass die formalen Schwächen durch den Inhalt schnell wett­gemacht werden. Die gut struk­tu­rierte Sammlung von Episoden aus der Geschichte der Schrift ist unter­haltsam geschrieben und leicht verdaulich. Bollwage gliedert die riesige Zeit­spanne von den ägyp­tischen Hiero­­glyphen bis ins 20. Jahr­hundert in über­sichtliche Abschnitte und bettet die Schrift­ent­wick­lungen stets anschaulich in den jeweiligen histo­rischen Kontext ein. Kleinere Exkurse, etwa zur Nase der Aphrodite, nimmt man dabei gerne in Kauf.

Das ausführ­lichste Kapitel widmet der Autor den Frak­tur­schriften; eines der inter­es­san­testen Kapitel scheint mir jedoch das vorletzte zu sein: Hier entwickelt der Autor eine neue Stil­ge­schichte von der Nach­kriegszeit bis zu den Anfängen der »Mac-Typo­grafie« und deckt durch Vergleiche mit Archi­tektur und Produkt­design gestal­te­rische Strö­mungen in Schrift und Typo­grafie auf.

Bollwage versucht in seinen Erzäh­lungen den schwierigen Weg, detail­lierte wissen­schaftliche Erkenntnisse einfach und auch für den Laien verständlich darzu­stellen. Dabei bringt er neue Beob­ach­tungen ein und räumt mit so manchem alten Mythos auf. So stellt er zum Beispiel richtig, dass die »Old English« aus Frankreich stammt und die Huma­nisten keineswegs irrtümlich Klein- und Groß­buch­staben zur »Antiqua« verbanden. Schade nur, dass nicht ersichtlich ist, woher er seine Infor­ma­tionen hat – Quel­len­angaben? An einigen Stellen vermischt Bollwage die sachliche Schil­derung mit Kommentaren und subjektiven Wertungen. Manch einer wird viel­leicht nicht zustimmen, wenn er in der Schweizer Typo­grafie eine »falsche Typo­grafie« sieht.

Trotz der Bild­qualität und der fehlenden Quellen kann ich das Buch guten Gewissens empfehlen: Wer einen Einstieg in das verwirrende Labyrinth der Schrift­ge­schichte sucht und wissen­schaftliche Belege ohnehin eher als störend empfindet, wird nicht enttäuscht. In den Buch­sta­ben­ge­schichten verbindet sich profundes Wissen mit verständ­licher Sprache, und das findet man heute schließlich selten genug.

Max Bollwage:
Buch­sta­ben­ge­schichte(n)
Wie das Alphabet entstand und warum unsere Buch­staben so aussehen
Akade­mische Druck- und Verlags­anstalt, Graz, 2010
24,90 EUR
ISBN: 978–3201019149

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