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Ich halte Carson für den wesent­lichen Initiator der Jetztzeit, aber ich halte die Tradition für genauso wichtig.
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Marken­relaunch –­ öfter mal was Neues

Andreas Sebastian Müller
30. Juni 2023
Desi­gntrends in digitalen Zeiten – Sie scheinen zu verschwinden, die Serifen, die Kurven oder Konturen der Marken und Logos namhafter Unter­nehmen. Schnelle Marke­n­er­kennung auf dem kleinen Handy­display hat Priorität, immer wieder mal auf Kosten eines ehemals originalen Charakters.

Prominentes Beispiel: Das ursprünglich ikonische Design »I love NY« von 1977 aus der American Typewriter, mit rotem »love«-Herz – nun wurde es inhaltlich und typografisch überarbeitet: »We love NYC« in fetter Helvetica. »Den Bewohnern der Stadt New York geht das ans Herz« (Andrian Kreye, SZ, 3.3.023).

Oder wir sehen die Marke BOSS, wohl zielgruppengerecht mit fetten, serifenlosen Versalien. Der Designcharakter des gelernten Originals erschwindet. Das Google-Signet durchlief in 20 Jahren mehrere Bearbeitungen. 2022 lösten flache 2-D-Groteskbuchstaben die ursprünglich dreidimensionalen Varianten ab. Das große bunte G hat überlebt.

Ebay erfreute mit hüpfenden, farbigen Buchstaben. Inzwischen wurden sie, ähnlich wie bei yahoo, sauber auf Reihe gebracht. Seit Jahrzehnten stabil sind die drei quergestreiften Buchstaben von IBM. Ebenfalls im Kern unangetastet zieht seit vier Jahrzehnten der ange-bissene Apfel von Apple seine Bahn um unseren Markenglobus.

Dem Amazon-Logo in der starken Typo und lächelndem A-Z-Pfeil entkommen wir nicht, in dieser Version seit bereits 23 Jahren. In der Automobilwelt lieferte VW Stoff für Diskussionen mit dem 2019 veränderten Logo: 2-D-Optik mit Hängecharakter der beiden Buchstaben V und W ohne Bodenberührung. »Kleinkariert, mutlos…« (Erik Spiekermann, stern, 19.9.2019). Neunmal überarbeitete Citroen in der rund 100-jährigen Automobilgeschichte seine Marke, aktuell findet sich der Doppelwinkel 2-dimensional im klassischen Oval wieder. Schlichter Retrostil für die E-Mobilität ? Osterei …?

In München, also vor unserer Haustür, wurde das Haus der Kunst mit dem Antritt des neuen Chefs komplett neu gebrandet. Hohe, sich überschneidende Versalien beherrschen die visuelle Kommunikation am Haus und in den Medien. Über die Lesbarkeit wird diskutiert, im Logo biegen sich symbolisch die Säulen.

Last not least: Auch unser tgm-Branding hat, parallel zum Start der neuen Website 2023 leichte Modifikationen durchlaufen. Neu ist das rudimentär-freistehende Wort »typographische« aus der Everett. Der Claim »Typografie in guter Gesellschaft« macht dafür Pause.

Fazit: Markenrelaunch und Designtrends in digitalen Zeiten, eine never ending story. Ganz zu schweigen von KI, ihren sichtbaren und unsichtbaren Ein- und Auswirkungen auf die Designarbeit.

Es bleibt spannend.

Hinweise / Quellen:
SZ, »Geht gar nicht« von Andrian Kreye, 3. März 3023
SZ Magazin 16. Juni 2023, »Wortkarg« von Andrian Kreye, Seiten 20/21
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