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Branche

Lizenzwende bei MyFonts

Michi Bundscherer
28. Oktober 2025
Monotype hat seine Foundry-Partner kürzlich über grund­legende Ände­rungen der MyFonts-Desktop-Lizenz informiert. Die neuen Regeln treten am 7. November 2025 in Kraft und betreffen vor allem den Einsatz von Schriften in klas­sischen Druck-Workflows.
Über MyFonts erworbene Schriften unter der neuen Desktop-Lizenz erfordern für barrierefreie oder Druck-PDFs denmächst eine Zusatzlizenz?

Neue Beschrän­kungen

Offiziell ist von einer »Klar­stellung beste­hender Rege­lungen« die Rede. Tatsächlich werden die Nutzungs­­rechte enger gefasst: Die Desktop-Lizenz gilt künftig nur noch für »indi­vi­duelle Desi­gn­­arbeit« und untersagt das Font-Embedding – mit Ausnahme nicht editier­barer und (!) nicht kommer­­zieller PDFs – sowie die Weitergabe an Dritte wie Free­lancer, Agenturen oder Dru­cke­reien. Nicht einmal das Ablegen der Fonts auf einem gemeinsam genutzten Netz­l­aufwerk im eigenen Büro oder auf Servern ist noch zulässig (mögli­cherweise auch nicht im Rahmen gemein­samer Backups).

»As part of this update, the Desktop License will no longer permit font embedding (except in the case of non-editable, non-commercial PDFs), hosting fonts on internal servers or shared drives, or sharing font files with third parties including vendors, freelancers, or printers.«

Standard-Druck-Workflows mit PDF/X sind damit nicht mehr abgedeckt. Gleiches gilt auch für einige barrie­refreie Dokumente (PDF/UA), die das Einbetten von Schriften voraus­setzen. Wer weiterhin solche Daten mit einge­betteten Schriften erstellen oder weitergeben möchte, benötigt bei MyFonts künftig eine zusätzliche Lizenz.

Bestehende Lizenzen bleiben gültig, neue Lizen­zie­rungen ab dem 7. November 2025 unter­liegen jedoch den aktu­a­li­sierten Bedin­gungen.

Hintergrund

Monotype begründet den Schritt mit dem Ziel, die EULA zu verein­fachen und »Mehr­deu­tig­keiten zu beseitigen sowie das Risiko unbe­ab­sich­tigter Fehl­nutzung durch Unter­neh­mens­kunden zu verringern«. In der Praxis führt dies zu einer stärkeren Diffe­ren­zierung der Lizenz­modelle und potenziell zu höheren Kosten für profes­si­onelle Anwen­der*innen.

Seit der Übernahme durch Monotype hat sich der Schriften-Marktplatz MyFonts verändert. Das deutsch­sprachige Magazin auf myfonts.de, gestaltet von Frank Rausch und gemeinsam mit Jan Middendorp und Florian Hardwig redak­tionell betreut, bot Schrif­t­emp­feh­lungen und Interviews mit Type-Desi­g­ner*innen. Ein Stück typo­gra­fische Kultur, die heute fehlt.

Die hier darge­stellten Infor­ma­tionen basieren auf einer Mit­­teilung von Monotype an seine Foundry-Partner vom Oktober 2025. Für rechts­­ver­bindliche Aus­­künfte kontak­tieren Sie bitte Monotype direkt.

Nachtrag vom 9. November 2025:
Nach aktuellem Stand wurden die Lizenz­hinweise auf der FAQ-Seite von MyFonts entgegen der Ankün­digung von Monotype seit dem 7. November 2025 offenbar nicht geändert. Eine stich­pro­ben­artige Über­prüfung einzelner Schriften zeigt, dass auch die Desktop-Lizenztexte weiterhin unver­ändert erscheinen (»Mit der Desktop-Lizenz können Sie flache, nicht editierbare Designs erstellen, drucken und teilen …«). Auf der MyFonts-Seite zur Monotype-Subs­cription ist derzeit scheinbar Platz­hal­tertext bezie­hungsweise fehler­hafter Code sichtbar.

In den Sozialen Medien (z.B. bei Rainer Klute) wird derzeit darüber diskutiert, wie die Ankün­digung Monotypes zu verstehen ist. Wenn Schriften künftig nicht mehr einge­bettet werden dürfen, was bedeutet »Einbetten« in diesem Zusam­menhang konkeret? Bezieht sich das Verbot ausschließlich auf inter­aktive PDF-Formulare, oder auch auf statische PDFs, in denen Schrift lediglich zur Darstellung genutzt wird? Gilt die Einschränkung nur bei voll­ständig einge­betteten Fonts oder auch beim Subsetting? Und betrifft sie mögli­cherweise sogar Schriften, deren Glyphen in Pfade umge­wandelt wurden?

Ebenfalls unklar bleibt, wie der Begriff »non-commercial« im Zusam­menhang mit PDFs zu verstehen ist. Meint er lediglich Dokumente, die verkauft werden, oder auch solche, die indirekt einem wirt­schaft­lichen Zweck dienen – etwa, wenn sie im Rahmen einer beruf­lichen oder frei­be­ruf­lichen Tätigkeit entstehen?

Auch der Hinweis, dass kleinere Agenturen oder Frei­be­rufler:innen Fontdaten nicht (mehr?) auf Servern speichern dürfen – mögli­cherweise also auch nicht auf gemeinsam genutzten Netz­l­auf­werken, selbst gehosteten Systemen wie Nextcloud, internen NAS-Geräten oder in Cloud-Speichern wie Dropbox, Google Drive, OneDrive oder iCloud – sorgt für Verun­si­cherung.

Das erklärte Ziel der jüngsten Aktu­a­li­sierung der MyFonts-EULA, die Formu­lie­rungen klarer und verständ­licher zu gestalten, ist bislang offenbar nicht erreicht worden.

Unsere Anfrage an Monotype mit konkreten Fragen zu diesem Thema blieb seit fünf Tagen unbe­ant­wortet. Sehr schade, zumal sie von der größten euro­pä­ischen Verei­nigung für Typo­grafie stammt.

Nachtrag vom XX. November 2025:
Die tgm hat die ange­kün­digten Lizen­z­än­de­rungen von Monotype am 28. Oktober 2025 öffentlich gemacht – nach unserem Kennt­nisstand als erste im deutsch­spra­chigen Raum. Die anschließende Debatte hat verdeutlicht, wie zentral präzise formu­lierte und konsistent kommu­ni­zierte Schrift­li­zenzen für profes­si­onelle Workflows sind.

Ausgangspunkt war die Mitteilung von Monotype an Foundry-Partner vom 23. Oktober 2025. Darin heißt es wörtlich: »As part of this update, the Desktop License will no longer permit font embedding (except in the case of non-editable, non-commercial PDFs), hosting fonts on internal servers or shared drives, or sharing font files with third parties including vendors, free­lancers, or printers. Fonts licensed under the updated EULA may still be used by indi­viduals.«

Diese Aussage wurde im obigen Blog­beitrag prominent und unver­ändert wieder­gegeben. Ohne Inter­pre­tation kann fest­ge­halten werden, dass die Desktop-Lizenz einge­schränkt werden soll. Dass diese Ankün­digung bei Nutzer:innen Sorge ausgelöst hat, ist nach­voll­ziehbar.

Stand 17.11.2025 zeigt MyFonts beim Kauf die EULA mit der Kennung v250903 an, sofern Foundry-Partner nicht (zusätzlich) nicht Lizenztexte nutzen. Diese Fassung enthält die ange­kün­digten Einschrän­kungen. Die Ablage auf gemeinsam genutzten Servern ist untersagt und das Weitergeben an Free­lancer oder Druckereien – etwa über die beliebte Verpacken-Funktion in InDesign – benötigt eine zusätzliche Lizenz. Inter­aktive PDFs, deren Formu­la­r­felder einge­bettete Schriften aktiv nutzen, fallen ebenfalls nicht unter die Desktop-Lizenz.

Offen bleibt weiterhin, ob die Formu­lierung »non-editable PDFs« gängige Druck- oder Barrie­refrei-Workflows berührt. Denn in der Praxis werden PDFs durchaus weiter­be­a­r­beitet: Farb­kor­rekturen, Profi­lan­pas­sungen, Beschnitt­zugaben, Metadaten, Tagging, Lese­rei­hen­folgen, Alter­na­tivtexte, Lese­zeichen, Verlin­kungen oder andere Preflight-Anpas­sungen, um nur einige Stan­dardfälle zu nennen. Auch Konver­tie­rungen, beispielsweise nach PDF/X oder PDF/UA-Formate sind üblich. Ein PDF/X-3 darf laut Spezi­fi­kation nicht geschützt sein – auch das kollidiert eventuell mit der Idee eines »nicht verän­derbaren« Dokuments. Ob solche Bear­bei­tungs­schritte tatsächlich unter »editierbar« fallen, geht aufgrund des durch den Vertragstexts nicht eindeutig hervor.

Indem Aussagen von Mita­r­beitern bzw. Ex-Mita­r­beitern von Monotype eingeholt wurden, hat ein Beitrag im Desi­gnta­gebuch eine weitere Sichtweise auf dieses Themas einge­bunden. Die dort geäu­ßerten Hinweise legen eine groß­zü­gigere Auslegung nahe, schaffen jedoch keine neue Rechtslage. Eine Klar­stellung kann das somit nicht sein und die Einschätzung, man bewege sich damit nun auf »abge­si­chertem Terrain«, greift zu kurz. Denn Juristisch maßgeblich bleibt ausschließlich die bei der jeweiligen Lizen­zierung über­mittelte EULA. Interviews, FAQ-Texte oder Support-Aussagen können, wenn nicht im Vertrag refe­renziert, diesen nicht ändern.

Monotype bestätigt zudem, dass Backups zwar erlaubt sind – jedoch nur zu internen Zwecken und unter »your exclusive control«. Phil Carey-Bergren weist darauf hin, dass Studios oder Agenturen mit zentralen Workflows »andere Lizen­z­op­tionen« benötigen. Wenn Backups also zentral auto­ma­tisiert, in der Arbeit­s­um­gebung für andere zugänglich sind, ist die geforderte exklusive Kontrolle kaum einzu­halten.

In der Community haben diese Unschärfen deutliche Resonanz gefunden. Stuart Hazley, ehemaliger Support-Mita­r­beiter bei MyFonts, berichtet von häufigen Rück­fragen bereits bei früheren Lizenz­fas­sungen und erwartet, dass die neue Fassung dies eher verstärken dürfte. Gerrit van Aaken, Florian Fecher und Rainer Klute weisen auf weitere Unkla­r­heiten hin. Beispielsweise auf den unscharfen Begriff »kommerziell«, sowie auf sichtbare Wider­sprüche zwischen FAQ und EULA. Die Vielzahl an Kommentaren im Umfeld der Debatte zeigt, dass Anwender:innen derzeit kaum verlässlich erkennen können, welche Auslegung tatsächlich gilt. Es sind genau jene Unschärfen, die der Ankün­digung Monotypes, »greater clarity and trans­parency« zu schaffen, entge­gen­stehen und statt­dessen neue Fragen aufwerfen.

Die tgm richtet ihre Bitte daher an Monotype: Begriffe, die für den prak­tischen Geltungs­bereich der Desktop-Lizenz entscheidend sind – etwa »non-editable«, »commercial« oder »non-commercial« – sollten unmit­telbar in der EULA selbst definiert werden. Ebenso wäre eine engere Abstimmung zwischen EULA, FAQ und öffent­lichen Aussagen sinnvoll, um Wider­sprüche zu vermeiden. Nur so lässt sich jene Rechts­si­cherheit herstellen, die für profes­si­onelle Arbeits­abläufe zwingend erfor­derlich ist.

Unser Anliegen bleibt: verlässliche Bedin­gungen für eine Branche, die täglich auf profes­si­o­nelles Arbeiten mit Schrift ange­wiesen ist.

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