Lizenzwende bei MyFonts
Neue Beschränkungen
Offiziell ist von einer »Klarstellung bestehender Regelungen« die Rede. Tatsächlich werden die Nutzungsrechte enger gefasst: Die Desktop-Lizenz gilt künftig nur noch für »individuelle Designarbeit« und untersagt das Font-Embedding – mit Ausnahme nicht editierbarer und (!) nicht kommerzieller PDFs – sowie die Weitergabe an Dritte wie Freelancer, Agenturen oder Druckereien. Nicht einmal das Ablegen der Fonts auf einem gemeinsam genutzten Netzlaufwerk im eigenen Büro oder auf Servern ist noch zulässig (möglicherweise auch nicht im Rahmen gemeinsamer Backups).
»As part of this update, the Desktop License will no longer permit font embedding (except in the case of non-editable, non-commercial PDFs), hosting fonts on internal servers or shared drives, or sharing font files with third parties including vendors, freelancers, or printers.«
Standard-Druck-Workflows mit PDF/X sind damit nicht mehr abgedeckt. Gleiches gilt auch für einige barrierefreie Dokumente (PDF/UA), die das Einbetten von Schriften voraussetzen. Wer weiterhin solche Daten mit eingebetteten Schriften erstellen oder weitergeben möchte, benötigt bei MyFonts künftig eine zusätzliche Lizenz.
Bestehende Lizenzen bleiben gültig, neue Lizenzierungen ab dem 7. November 2025 unterliegen jedoch den aktualisierten Bedingungen.
Hintergrund
Monotype begründet den Schritt mit dem Ziel, die EULA zu vereinfachen und »Mehrdeutigkeiten zu beseitigen sowie das Risiko unbeabsichtigter Fehlnutzung durch Unternehmenskunden zu verringern«. In der Praxis führt dies zu einer stärkeren Differenzierung der Lizenzmodelle und potenziell zu höheren Kosten für professionelle Anwender*innen.
Seit der Übernahme durch Monotype hat sich der Schriften-Marktplatz MyFonts verändert. Das deutschsprachige Magazin auf myfonts.de, gestaltet von Frank Rausch und gemeinsam mit Jan Middendorp und Florian Hardwig redaktionell betreut, bot Schriftempfehlungen und Interviews mit Type-Designer*innen. Ein Stück typografische Kultur, die heute fehlt.
Die hier dargestellten Informationen basieren auf einer Mitteilung von Monotype an seine Foundry-Partner vom Oktober 2025. Für rechtsverbindliche Auskünfte kontaktieren Sie bitte Monotype direkt.
Nachtrag vom 9. November 2025:
Nach aktuellem Stand wurden die Lizenzhinweise auf der FAQ-Seite von MyFonts entgegen der Ankündigung von Monotype seit dem 7. November 2025 offenbar nicht geändert. Eine stichprobenartige Überprüfung einzelner Schriften zeigt, dass auch die Desktop-Lizenztexte weiterhin unverändert erscheinen (»Mit der Desktop-Lizenz können Sie flache, nicht editierbare Designs erstellen, drucken und teilen …«). Auf der MyFonts-Seite zur Monotype-Subscription ist derzeit scheinbar Platzhaltertext beziehungsweise fehlerhafter Code sichtbar.
In den Sozialen Medien (z.B. bei Rainer Klute) wird derzeit darüber diskutiert, wie die Ankündigung Monotypes zu verstehen ist. Wenn Schriften künftig nicht mehr eingebettet werden dürfen, was bedeutet »Einbetten« in diesem Zusammenhang konkeret? Bezieht sich das Verbot ausschließlich auf interaktive PDF-Formulare, oder auch auf statische PDFs, in denen Schrift lediglich zur Darstellung genutzt wird? Gilt die Einschränkung nur bei vollständig eingebetteten Fonts oder auch beim Subsetting? Und betrifft sie möglicherweise sogar Schriften, deren Glyphen in Pfade umgewandelt wurden?
Ebenfalls unklar bleibt, wie der Begriff »non-commercial« im Zusammenhang mit PDFs zu verstehen ist. Meint er lediglich Dokumente, die verkauft werden, oder auch solche, die indirekt einem wirtschaftlichen Zweck dienen – etwa, wenn sie im Rahmen einer beruflichen oder freiberuflichen Tätigkeit entstehen?
Auch der Hinweis, dass kleinere Agenturen oder Freiberufler:innen Fontdaten nicht (mehr?) auf Servern speichern dürfen – möglicherweise also auch nicht auf gemeinsam genutzten Netzlaufwerken, selbst gehosteten Systemen wie Nextcloud, internen NAS-Geräten oder in Cloud-Speichern wie Dropbox, Google Drive, OneDrive oder iCloud – sorgt für Verunsicherung.
Das erklärte Ziel der jüngsten Aktualisierung der MyFonts-EULA, die Formulierungen klarer und verständlicher zu gestalten, ist bislang offenbar nicht erreicht worden.
Unsere Anfrage an Monotype mit konkreten Fragen zu diesem Thema blieb seit fünf Tagen unbeantwortet. Sehr schade, zumal sie von der größten europäischen Vereinigung für Typografie stammt.
Nachtrag vom XX. November 2025:
Die tgm hat die angekündigten Lizenzänderungen von Monotype am 28. Oktober 2025 öffentlich gemacht – nach unserem Kenntnisstand als erste im deutschsprachigen Raum. Die anschließende Debatte hat verdeutlicht, wie zentral präzise formulierte und konsistent kommunizierte Schriftlizenzen für professionelle Workflows sind.
Ausgangspunkt war die Mitteilung von Monotype an Foundry-Partner vom 23. Oktober 2025. Darin heißt es wörtlich: »As part of this update, the Desktop License will no longer permit font embedding (except in the case of non-editable, non-commercial PDFs), hosting fonts on internal servers or shared drives, or sharing font files with third parties including vendors, freelancers, or printers. Fonts licensed under the updated EULA may still be used by individuals.«
Diese Aussage wurde im obigen Blogbeitrag prominent und unverändert wiedergegeben. Ohne Interpretation kann festgehalten werden, dass die Desktop-Lizenz eingeschränkt werden soll. Dass diese Ankündigung bei Nutzer:innen Sorge ausgelöst hat, ist nachvollziehbar.
Stand 17.11.2025 zeigt MyFonts beim Kauf die EULA mit der Kennung v250903 an, sofern Foundry-Partner nicht (zusätzlich) nicht Lizenztexte nutzen. Diese Fassung enthält die angekündigten Einschränkungen. Die Ablage auf gemeinsam genutzten Servern ist untersagt und das Weitergeben an Freelancer oder Druckereien – etwa über die beliebte Verpacken-Funktion in InDesign – benötigt eine zusätzliche Lizenz. Interaktive PDFs, deren Formularfelder eingebettete Schriften aktiv nutzen, fallen ebenfalls nicht unter die Desktop-Lizenz.
Offen bleibt weiterhin, ob die Formulierung »non-editable PDFs« gängige Druck- oder Barrierefrei-Workflows berührt. Denn in der Praxis werden PDFs durchaus weiterbearbeitet: Farbkorrekturen, Profilanpassungen, Beschnittzugaben, Metadaten, Tagging, Lesereihenfolgen, Alternativtexte, Lesezeichen, Verlinkungen oder andere Preflight-Anpassungen, um nur einige Standardfälle zu nennen. Auch Konvertierungen, beispielsweise nach PDF/X oder PDF/UA-Formate sind üblich. Ein PDF/X-3 darf laut Spezifikation nicht geschützt sein – auch das kollidiert eventuell mit der Idee eines »nicht veränderbaren« Dokuments. Ob solche Bearbeitungsschritte tatsächlich unter »editierbar« fallen, geht aufgrund des durch den Vertragstexts nicht eindeutig hervor.
Indem Aussagen von Mitarbeitern bzw. Ex-Mitarbeitern von Monotype eingeholt wurden, hat ein Beitrag im Designtagebuch eine weitere Sichtweise auf dieses Themas eingebunden. Die dort geäußerten Hinweise legen eine großzügigere Auslegung nahe, schaffen jedoch keine neue Rechtslage. Eine Klarstellung kann das somit nicht sein und die Einschätzung, man bewege sich damit nun auf »abgesichertem Terrain«, greift zu kurz. Denn Juristisch maßgeblich bleibt ausschließlich die bei der jeweiligen Lizenzierung übermittelte EULA. Interviews, FAQ-Texte oder Support-Aussagen können, wenn nicht im Vertrag referenziert, diesen nicht ändern.
Monotype bestätigt zudem, dass Backups zwar erlaubt sind – jedoch nur zu internen Zwecken und unter »your exclusive control«. Phil Carey-Bergren weist darauf hin, dass Studios oder Agenturen mit zentralen Workflows »andere Lizenzoptionen« benötigen. Wenn Backups also zentral automatisiert, in der Arbeitsumgebung für andere zugänglich sind, ist die geforderte exklusive Kontrolle kaum einzuhalten.
In der Community haben diese Unschärfen deutliche Resonanz gefunden. Stuart Hazley, ehemaliger Support-Mitarbeiter bei MyFonts, berichtet von häufigen Rückfragen bereits bei früheren Lizenzfassungen und erwartet, dass die neue Fassung dies eher verstärken dürfte. Gerrit van Aaken, Florian Fecher und Rainer Klute weisen auf weitere Unklarheiten hin. Beispielsweise auf den unscharfen Begriff »kommerziell«, sowie auf sichtbare Widersprüche zwischen FAQ und EULA. Die Vielzahl an Kommentaren im Umfeld der Debatte zeigt, dass Anwender:innen derzeit kaum verlässlich erkennen können, welche Auslegung tatsächlich gilt. Es sind genau jene Unschärfen, die der Ankündigung Monotypes, »greater clarity and transparency« zu schaffen, entgegenstehen und stattdessen neue Fragen aufwerfen.
Die tgm richtet ihre Bitte daher an Monotype: Begriffe, die für den praktischen Geltungsbereich der Desktop-Lizenz entscheidend sind – etwa »non-editable«, »commercial« oder »non-commercial« – sollten unmittelbar in der EULA selbst definiert werden. Ebenso wäre eine engere Abstimmung zwischen EULA, FAQ und öffentlichen Aussagen sinnvoll, um Widersprüche zu vermeiden. Nur so lässt sich jene Rechtssicherheit herstellen, die für professionelle Arbeitsabläufe zwingend erforderlich ist.
Unser Anliegen bleibt: verlässliche Bedingungen für eine Branche, die täglich auf professionelles Arbeiten mit Schrift angewiesen ist.
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