In Freundschaft. Dein Klaus.
Seine Lebensdaten: geboren am 25. Mai 1928 in Dessau. 1943, im Alter von 15 Jahren, wurde er – wie viele seiner Klassenkameraden – zum Dienst als »Flakhelfer« verpflichtet. Er bediente eine 8,8-cm-Flak im damaligen Ruhrkessel.
Seine Gefangenschaft im US-POW-Camp in Halberstadt führte später zu der Idee, nach Amerika auszuwandern. Davor aber begann er eine Schriftsetzerlehre in Essen, in der Druckerei von F. Krupp. 1951 war es so weit: Er reiste mit der legendären »HMS Queen Elizabeth I« – die im Zweiten Weltkrieg auch als Truppentransporter diente – in das Land seiner Träume: Amerika. Als Schriftsetzer setzte er seinen Beruf in der Autostadt Detroit fort, nebenbei besuchte er die dortige Universität und erwarb das BA-Diplom im Segment »Business Administration«.
1954 die Heirat mit der aus Braunschweig gebürtigen Auswanderin Gisela. 1956 mit Frau und Tochter Umzug in die Metropole der Ostküste – New York. Seine erste Stelle war als Type Director bei der legendären Newcomer-Agentur »Doyle, Dane, Bernbach«. Er wechselte dann – zuerst als Type Director, später als Leiter der Produktion – zu »Young & Rubicam«. Die große Agentur an der Madison Avenue. Hier blieb er, bis er 1991 in Pension ging.
Seine Spuren: Ein mit der Schreibmaschine geschriebener Brief vom 27. 8. 96, ein handgeschriebener vom 19. 3. 07, drei Mails im August 2022. In einer der drei – der letzten – endet er mit: »In Freundschaft. Dein Klaus.«



Originalzitate aus diesen schriftlichen Hinterlassenschaften
1996
»… vielen Dank für deine drei Briefe (22.7., 13.8. und 20.8.), die nun schon wieder auf Antwort warten. (Gott, bist du ein schreibfreudiges Menschenkind …) Dank auch für den überaus interessanten Schumacher-Gebler-Artikel … Mit den Schicksalen und Arbeiten der deutschen Emigranten in die USA hast du dich eigentlich nie sonderlich befasst. Die Älteren, wie Gropius, Bayer und Burtin, haben überaus viel zum Design in den USA beigetragen, während die Jüngeren, die nach dem Krieg kamen, meist zur Schweizer-Ulmer-Schule gehörten und schnell in der Corporate-Design-Welt verschwanden …
Heute vor einem Jahr fuhren wir beide von Stamford nach Washington ab. Da warst du noch sehr optimistisch und hattest keine Ahnung von dem nicht-schwäbischen Fraß auf den Amtrak-Zügen. Nun – dafür waren aber die Szenerie, der Dampf und – nicht zuletzt – die Gesellschaft umso besser! …«


Rechts: Klaus F. Schmidt und Olaf Leu bei der Verleihung der tgm-Ehrenmitgliedschaft an KFS im Jahr 2016 – zwei transatlantische Weggefährten der Typografie.
2007
»… meine liebe Frau hat mir manchmal zu viel Zurückhaltung und ein übergroßes Maß an Bescheidenheit zugeschrieben. Deshalb bin ich selbst über mich erstaunt, dass mir so überschnell die Hutschnur geplatzt war im Laufe unserer kürzlichen Korrespondenz. Und dafür möchte ich um Vergebung bitten – zumal der Anlass ein recht nichtiger war, nämlich deine Bitte um eine Übersetzung. Du hast recht – wir sollten unsere nun über 40-jährige Freundschaft nicht abbrechen.
Die Erklärung meiner allzu impulsiven Haltungsweise liegt wohl darin, dass du mir – einmal subjektiv und offen gestanden – während jener 40 Jahre öfter ›auf den Fuß getreten‹ hast …
Wir beide haben einiges gemein, vor allem, dass wir in unseren jungen Jahren Bleibuchstaben gesetzt haben und demnach eine Liebe für Schrift entwickelten. (Mein Winkelhaken – allerdings ein amerikanischer – hängt noch immer neben meinem Schreibtisch) …«
2022–1
»Ja, du hast recht: Der TDC ist nicht mehr das, was er zu unseren ›guten‹ Zeiten war, da er sich nun mit einigen anderen Art Directors und grafischen Clubs verbunden hat.
Carol (Wahler), die ich in den Achtzigern angeheuert hatte, ist immer noch am Steuer, und ich habe auch ständige Verbindung mit ihr. Ich war aber schon lange nicht mehr in New York City und kenne ja kaum noch jemanden.
Die Zeiten mit Aaron Burns, Craw, Dorfsman, Federico, Lubalin, Rondthaler, Zapf – die im Club vorherrschten, als ich in den späten Fünfzigern in den TDC aufgenommen wurde – sind lange vorbei.
Die beiden Kurts – Kurt Kohlhammer und Kurt Weidemann – hatten wohl damals entdeckt, dass ich einer der wenigen (vielleicht der einzige) ›Druckspiegel‹-Leser in Amerika war, und man ernannte mich zum USA-Korrespondenten.
1961 wurden Gisela und ich zu einer Vortragsreise nach Deutschland eingeladen – mein erster Flug nach Deutschland nach zehn Jahren USA. Und das führte auch zu unserer Verbindung, zu deinen vier großen Reisen durch die USA und zu deinen vielen Aufenthalten im Haus der Schmidts, das du so liebevoll das ›Brezelhaus‹ nanntest. Lang ist’s her …«
2022–2
»Immer wieder kommt mir zum Bewusstsein, wie viel Aaron Burns in jenen 60er- bis 80er-Jahren zur Typografie-Bewegung beigetragen hatte – weniger als Grafikdesigner, sondern einfach als ›Macher‹. Wir alle haben ihm viel zu verdanken.
Mit Aaron starben ICTA, ICAS, Typomundus und auf der kommerziellen Seite das ITC …
Ich kann mich nicht des Gefühls erwehren, dass Kurt Weidemann seine ›Beförderung‹ zum ICTA-Chef Deutschland mehr oder minder als einen Titel ›honoris causa‹ ansah …«
2022–3
»Als Aaron (Burns) in den Achtzigern von uns ging, starben seine Pläne leider mit ihm. Der TDC übernahm allerdings mit seiner international werdenden Ausstellung des jährlich stattfindenden Wettbewerbs einiges – aber das reichte nicht an Aarons Denken heran. Jedoch: Die TDC-Idee der ausländischen Verbindungspersonen war natürlich hilfreich. Nun – lassen wir die Vergangenheit.
In Freundschaft. Dein Klaus.«
PS: Klaus F. war der »verlängerte« Arm von Aaron Burns. Klaus war ein glänzender Organisator, zuverlässig und pünktlich – in Wort und Tat. Die tgm verdankt ihm nicht nur die Ausstellungen des TDC, ADC, IBM und CBS (Galerie Intergraphis im BMW-Pavillon); er war ein Fürsprecher und Wegbegleiter für Gäste aus Deutschland.
Klaus wirkte wie ein gut geöltes »Scharnier« zwischen den Wünschen und Interessen seiner deutschen Landsleute. Er war mit vollem Herzen Amerikaner – aber er liebte auch seine ehemalige Heimat: Sachsen-Anhalt.



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