typographische
zitate
Typo­grafie ist eine mit der Schrifttype prak­ti­zierte Methode der Kommu­ni­kation.
Kurt Weidemann

Typographische
Gesellschaft
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Menschen

Ein Leben für die Schriftgestaltung – Lisa Beck zum Gedenken

Michael Lang
18. November 2024
Lisa Beck, Pionierin der Schriftkunst, prägte Gene­ra­tionen von Gestaltern mit ihrem unver­­­gleich­­lichen Werk und ihrer Leiden­­schaft für Schrift. Ein Leben, das nachwirkt.
Lisa Beck

Am 17. Oktober 2024 ist in Augsburg Frau Professor Lisa Beck im Alter von 96 Jahren gestorben. Wenn man in einem so gesegnet hohen Alter verstirbt, ist es so, dass die großen Leis­tungen, die man erbracht hat, beginnen im Dunst der Zeit zu verblassen, kaum noch Wegge­fährten übrig bleiben und selbst Schüler inzwischen alt werden und sich aus dem aktiven Leben zurück­gezogen haben. Das mindert jedoch nicht die Bedeutung dieser Leis­tungen für die Gegenwart und deshalb sei an sie hiermit erinnert.

Lisa Beck war Gestalterin, Schrift­schreiberin, Fach­autorin, Lehr­person und Hoch­schul­ma­nagerin. Ihre Lebens­sta­tionen sind rasch aufgezählt: Am 15. Dezember 1927 in Augsburg geboren, wuchs sie – auch über die Kriegsjahre – behütet auf, machte 1947 an der Maria-Theresia-Schule ihr Abitur und begann aufgrund ihrer künst­le­rischen Begabung und ihrem Interesse am Schrift­schreiben eine Ausbildung an der Kunst­schule der Stadt Augsburg. Hier lernte sie mit Eugen Nerdinger einen Lehrer kennen, mit dem sie eine lebenslange, fruchtbare Arbeits­be­ziehung verband. Sie war in den 1950er- und 1960er-Jahren frei­be­ruflich und bereits lehrend tätig und wurde zu einer engen Mita­r­beiterin Nerdingers. In diesen Jahren entstanden viele reprä­sen­tative schrift­ge­stal­te­rische Arbeiten wie Urkunden, Inschrif­ten­tafeln, aber auch Außen­werbung, Buch- und Zeit­schrif­ten­reihen sowie visuelle Erschei­nungs­bilder.

1964 erschien das Schrift­lehrbuch »Schrift­schreiben, Schrift­zeichnen«, das die Basis für ihre spätere Lehr­tä­tigkeit bildete. Hierin wird grund­legend dargelegt, wie unsere Schrift­formen zu schreiben sind: Ausgehend von histo­rischen Vorbildern, zusam­men­geführt auf das Wesentliche und unter Verzicht auf indi­vi­duelle Schnörkel. Das ist in dieser Qualität bis heute ohne Vergleich! Gleichsam – um eines ihrer Lieb­lings­wörter zu benutzen – als Schlusspunkt hat sie diese Grund­la­gen­for­schung im Mappenwerk und Buch »Erfahrnis der Gestalt« 1981 final zusam­men­gefasst.

Sie war maßgeblich daran beteiligt, als 1971 in Bayern die Fach­hoch­schulen gegründet wurden, dass in Augsburg mit seiner fast 300-jährigen Tradition einer Reichs­s­täd­tischen Kunst­akademie deren Nach­fol­ge­or­ga­ni­sation zu einem Fach­bereich für Gestaltung wurde. An dieser Schule lehrte sie bis zu ihrer Pensio­nierung 1990 das Fach Schrift. Ein glücklich zusam­men­ge­stelltes Profes­so­ren­kol­legium ermög­lichte der Schule, den wohl ersten Rang unter Bayerns Gestal­tungs­hoch­schulen zu erreichen – mit einem deutlich erkennbaren Schwerpunkt auf Schrift­ge­staltung und Typo­grafie. Gene­ra­tionen von Grafik-Design-Studie­renden hat sie ein profundes Wissen und Verstehen der orga­nischen Formen der euro­pä­ischen Schriften ermöglicht. Ihre Korrekturen, oft mit leiser Ironie gewürzt, waren sehr fordernd. Unver­gessen aber auch, wenn man eine »Rein­aus­führung« noch zum dritten Mal vorgelegt hatte und mit einem bewun­dernden Pfiff geehrt wurde.

Geehrt wurde sie auch: Zu ihrem 60. Geburtstag gab es 1988 von der Stadt Augsburg im Holbeinhaus eine Ausstellung »Meisterin der Schriftkunst« über sie und zu ihrem 65. Geburtstag eine große Ausstellung über »Das gemeinsame Werk von Eugen Nerdinger und Lisa Beck«. 1998 erhielt sie das Bundes­ver­dienstkreuz. Sie war in vielen Ausschüssen und Gremien aktiv und hat viel, vor allem schrift­di­dak­tisches, veröf­fentlicht. Nie verheiratet und ohne Kinder geblieben, war sie bis in ihre letzten Jahre gestal­terisch und publi­zistisch aktiv. So erschienen 2001 ihre zwei­bändigen Lebens­er­in­ne­rungen »So lebten wir … / Wunsch und Ziel«, die sehr anschaulich zu lesen sind und unab­hängig von den persön­lichen Infor­ma­tionen viel Inter­es­santes über Zeit­ge­schichte und die Lebens­si­tuation in Deut­schland vor und nach dem zweiten Weltkrieg vermitteln.

Der Typo­gra­phischen Gesell­schaft München war sie lang­jährig als Mitglied verbunden, besuchte Vorträge und nahm an Diskus­sionen teil. Sie refe­rierte 1994 in den Werk­statt­ge­sprächen über »Charaktere von Drucktypen« und ließ die Teil­nehmer an der Verona-Studi­enfahrt 1997 in der Biblioteca Capi­tolare einen unver­gleichlich direkten Einblick in die dort seit Jahr­hun­derten verwahrten Codices nehmen.

Mit Familie, ehemaligen Kollegen und Zöglingen hielt sie zuver­lässig Kontakt. Als das selb­ständige Leben im eigenen Haus in Augsburg nicht mehr möglich war, zog sie in ein Seni­o­renheim in Göggingen, wo sie gut versorgt und hellwach ihre Tage verbrachte. Ein Besuch im Frühjahr dort brachte letzte Erin­ne­rungen … Hier ist Lisa Beck dann auch verstorben.

Zum Wikipedia-Eintrag von Lisa Beck.

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