Müller-Brockmann: persönlicher Nachruf
»Weniger Lärm!« Ganz klein stand dabei: Josef Müller-Brockmann. Das Plakat war der Inbegriff der Schweizer Grafik und sollte meine spätere Arbeit als Buchgestalter sehr prägen. Ich sah es als Aufforderung für mein beginnendes Studium in Berlin. Meine spätere Abschlussarbeit (»Le Corbusiers Modulor als Werkzeug zur Proportionsbestimmung bei der Gestaltung von Drucksachen«, 1964) war stark durch Müller-Brockmanns Umgang mit Rastersystemen beeinflusst.
In dieser Zeit war Müller-Brockmann längst berühmt – mit dem Grundlagenbuch »Gestaltungsprobleme des Grafikers« und als Mitherausgeber der »Neue Grafik«. Doch besonders bekannt und geschätzt war er vor allem durch seine Plakate für die Tonhalle-Gesellschaft Zürich.
Was war das besonders Faszinierende an Müller-Brockmann? Seine analytische und sachliche Grafik. »Je straffer die Komposition der Bildelemente auf der zur Verfügung stehenden Fläche durchgeführt ist, desto wirksamer kann der thematische Gedanke formuliert werden.« Er verlangte Klarheit: »Erstes Gebot ist die ungeschmückte, rein der Mitteilung dienende typografische Form«. Er setzte sich für die Einheitlichkeit in der Gestaltung.
Müller-Brockmann plädierte schon sehr früh für eine umfassende Ausbildung als Grafiker, der sowohl alle Gestaltungsdisziplinen, aber auch die technische Umsetzung beherrschen sollte. Die wirtschaftlichen und kulturellen Aufgaben verlangten einen Universalisten.
In einer großen und repräsentativen Ausstellung wurde 1996 im Haus für konstruktive und konkrete Kunst in Zürich das Gesamtwerk Müller-Brockmanns gewürdigt. Müller-Brockmann forme nicht nur die Schweizer Grafik des 20. Jahrhunderts — er änderte Sicht- und Vorgehensweisen auf visuelle Kommunikation. Seine Ideen wurden zu handwerklicher und geistiger Basis vieler Gestalter: Ordnung statt Chaos!
Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten
Happy Birthday, Otl Aicher
Einer der bedeutendsten Gestalter des 20. Jahrhunderts wäre am 13. Mai 100 Jahre alt geworden: Otl Aicher. Als Typograf und Lehrer hat Aicher wie kaum ein anderer die moderne Typografie und das Kommunikationsdesign geprägt. Anlässlich seines Geburtstags fuhren wir nach Ulm.
Zum 100. Geburtstag von Günter Gerhard Lange
»Die Schrift als spröde Geliebte«, dieses Zitat wird immer mit Günter Gerhard Lange verknüpft bleiben, der am 12. April 2021 Hundert Jahre alt geworden wäre. Er ist einer der bedeutendsten Schriftgestalter des 20. Jahrhunderts. Sein Name ist dazu unlösbar mit dem Berliner Satzschriftenhersteller Berthold verbunden, dessen langjähriger künstlerischer Leiter er war.
In Erinnerung an Christa Unsinn
Erst verspätet erreicht uns die Nachricht, dass unsere langjährige Weggefährtin Christa Unsinn verstorben ist. Wie so oft lässt so eine Nachricht eine Lücke entstehen, wo man es gar nicht erwartet hätte. Man glaubt jemanden, den man mag und gerne um sich hatte, noch fest in seinem Kreis zu haben und erschrickt über die große Fehlstelle, die sich auftut.
Erinnerung an ESG – Meister und Hüter der Druckkunst
Heute erreichte uns die traurige Nachricht, dass Eckehart SchumacherGebler, unser Ehrenmitglied und langjähriger Förderer, von uns gegangen ist. Seine Leidenschaft für Schrift und Druck war ansteckend und hat viele von uns inspiriert.