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Ich hatte das Glück, zu verstehen, dass die Schrift etwas Lebendiges ist.
Adrian Frutiger

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Menschen

Müller-Brockmann: persönlicher Nachruf

Rudolf Paulus Gorbach
13. April 2014
1962 auf einer Reise durch die Schweiz blieb ich tief beein­druckt an einer Stra­ßenecke stehen: Ein Plakat, das nur ein Foto und zwei Wörter enthielt und so die darin enthaltene Auffor­derung klar und grafisch radikal wiedergab.

»Weniger Lärm!« Ganz klein stand dabei: Josef Müller-Brockmann. Das Plakat war der Inbegriff der Schweizer Grafik und sollte meine spätere Arbeit als Buch­ge­stalter sehr prägen. Ich sah es als Auffor­derung für mein begin­nendes Studium in Berlin. Meine spätere Abschluss­arbeit (»Le Corbusiers Modulor als Werkzeug zur Propor­ti­ons­be­stimmung bei der Gestaltung von Druck­sachen«, 1964) war stark durch Müller-Brockmanns Umgang mit Raster­systemen beein­flusst.

In dieser Zeit war Müller-Brockmann längst berühmt – mit dem Grund­la­genbuch »Gestal­tungs­probleme des Grafikers« und als Mither­ausgeber der »Neue Grafik«. Doch besonders bekannt und geschätzt war er vor allem durch seine Plakate für die Tonhalle-Gesell­schaft Zürich.

Was war das besonders Faszi­nierende an Müller-Brockmann? Seine analy­tische und sachliche Grafik. »Je straffer die Kompo­sition der Bild­elemente auf der zur Verfügung stehenden Fläche durch­geführt ist, desto wirksamer kann der thema­tische Gedanke formuliert werden.« Er verlangte Klarheit: »Erstes Gebot ist die unge­schmückte, rein der Mitteilung dienende typo­gra­fische Form«. Er setzte sich für die Einheit­lichkeit in der Gestaltung.

Müller-Brockmann plädierte schon sehr früh für eine umfassende Ausbildung als Grafiker, der sowohl alle Gestal­tungs­dis­zi­plinen, aber auch die tech­nische Umsetzung beherrschen sollte. Die wirt­schaft­lichen und kultu­rellen Aufgaben verlangten einen Univer­sa­listen.

In einer großen und reprä­sen­tativen Ausstellung wurde 1996 im Haus für konstruktive und konkrete Kunst in Zürich das Gesamtwerk Müller-Brockmanns gewürdigt. Müller-Brockmann forme nicht nur die Schweizer Grafik des 20. Jahr­hunderts — er änderte Sicht- und Vorge­hens­weisen auf visuelle Kommu­ni­kation. Seine Ideen wurden zu hand­werk­licher und geistiger Basis vieler Gestalter: Ordnung statt Chaos!

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