typographische
zitate
Buch­staben sind Bilder.
Erik Spiekermann

Typographische
Gesellschaft
München e. V.

Goethe­straße 28 Rgb.
80336 München

info@tgm-online.de
089.7 14 73 33

Buchbesprechung

Imprimatur, ein bewährtes Jahrbuch

Rudolf Paulus Gorbach
5. August 2021
Einige Jahr­bücher des Buch­wesens bereichern uns weiterhin mit sehr guten und span­nenden wissen­schaft­lichen Beiträgen zur Geschichte und aktuellen Buch­ge­staltung. »Imprimatur«, seit 1930 von der Gesell­schaft der Biblio­philen publiziert, zeichnet sich durch Beiträge namhafter Persön­lich­keiten wie Herausgeber Siegfried Buchenau, Heinz Sarkowski, Georg Ramsegger, Eva Hanebutt-Benz und aktuell Ute Schneider aus.

Das Oberthema des aktuellen Bandes »Das gebrauchte Buch« führt tief in die Geschichte des Buches, wobei der Schwerpunkt vor allem auf den letzten Jahr­hun­derten liegt. Das Thema ist auch aktuell, wenn man die Diskussion um das heutige Anti­quariat oder auch Medimops mit einbezieht. 12 reich bebilderte wissen­schaftliche Beiträge decken ein breites Themen­spektrum aus der Welt der Buch­kultur ab.

So berichtet Albrecht Götz von Olenhusen über das Sammeln von Raub­drucken, die um 1960 zunächst unbemerkt aufkamen, über Schwarz- und Raub­drucke der Neuen Linken, die damals in der Verlagswelt heftig umstritten waren. Zunächst handelte es sich um wichtige, schwer oder gar nicht zu beschaffende, wild gestaltete Ausgaben aus der Geschichte des Klas­sen­be­wußtseins, Dialektik der Aufklärung, Zeit­schrift für Sozi­a­l­for­schung. Für die Sammlung der Raub­drucke nennt Olenhusen vor allem die damaligen Initi­atoren: die Biblio­thekarin Christa Gnirß und den Antiquar und SWF-Redakteur Bernhard W. Wette. Die subversiven Produkte wurden vor allem in den neuen linken Buch­hand­lungen angeboten.

Julia Bangert schreibt über den Ankauf und die Vermittlung gebrauchter Bücher durch die Agenten Herzog Augusts des Jüngeren (1579 bis 1666). Dank seiner Macht und seines Vermögens hatte Herzog August Kontakt zu insgesamt 28 Agenten, die für ihn wertvolle gelehrte Bücher besorgten. Diese recher­chierten bei Buch­händlern, Druckern und anderen Quellen, erstatteten dem Auftraggeber Bericht und machten Angebote. Wie das alles ablief, Erwerb, Bezahlung, Transport und Rück­ga­be­rechte, wird hier anhand von Quellen beschrieben.

Mona Garloff befasst sich mit der Entstehung des Anti­qua­ri­ats­buch­handels zu Beginn des 18. Jahr­hunderts, zeigt hier auch die ersten Buch­ka­taloge (was typo­grafisch besonders inter­essant ist).

Und ein besonders reich­haltiger Beitrag von Sabine Knopf präsentiert Ansich­tenwerke aus fünf Jahr­hun­derten, von der Sche­delschen Welt­chronik bis zu Meyers Universum, vor allem Bildwerke, wobei der Kupferstich und der Stahlstich eine domi­nierende Rolle spielen.

Bild Doppelseite 140, 141

Die Gestaltung und der Satz des Buches sind sehr sorg­fältig (Michael Hempel, München), gut lesbar in der Schrift TheAntiqua gesetzt (der Schrift­mi­schung hätte es nicht bedurft). Das Bild­layout wirkt klar und dennoch lebendig, alles hervor­ragend gedruckt und gebunden. Allerdings frage ich mich, ob die Ziel­gruppe der Biblio­philen mit dem allzu glatt gestri­chenen Inhalts­papier richtig gewürdigt wird und ob die Tonflächen in der ansonsten sehr guten Typo­grafie nicht über­f­lüssig sind? Trotzdem ein sehr erfreu­liches Buch.

Imprimatur 27
Heraus­gegeben von Ute Schneider / Gesell­schaft der Biblio­philen
320 Seiten
Halb­le­derband
Harras­sowitz Verlag, Wiesbaden 2021
ISBN: 978–3–447–11638–1
110 EURO
https://biblio­philie.de/imprimatur/

Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten

Buchbesprechung

Imprimatur 2023

Rudolf Paulus Gorbach

Das aktuelle Jahrbuch beschäftigt sich mit Bücher­in­sti­tu­tionen, Künst­ler­büchern, den Themen Typo­grafie und Schrift sowie für Lesen und Lese­ver­halten. Für Typo­grafen ganz besonders wichtig und auch aktuell sind vor allem die Beiträge zu Typo­grafie und Schrift.

Buchbesprechung

Neueste Forschung zu Gutenbergs Erbe

Rudolf Paulus Gorbach

Wer sich für die Inkunabel- und Früh­druck­for­schung inter­essiert, findet im Gutenberg-Jahrbuch, das bereits seit 1926 jährlich erscheint, ausführliche Berichte und Infor­ma­tionen. Ich verfolge die Ausgaben seit 2006 mit großem Interesse, hier stelle ich die 96. Ausgabe für das Jahr 2021 vor.

Buchbesprechung

Die Faszi­nation von Buch­hand­lungen

Rudolf Paulus Gorbach

Gestalter und besonders Typo­grafen mit Hang zur Buch­ge­staltung findet man oft recht glücklich stöbernd in Buch­hand­lungen vor. Und wenn die Buch­handlung dann noch besonders »schön« ist, kann das Glück sehr groß sein. Zwei Bild-Text-Bücher stelle ich hier gegenüber, zum gleichen Thema, aber in der Art sind sie sehr unter­schiedlich.

Buchbesprechung

Aus der Zeit der Erfindung des Buchs

Rudolf Paulus Gorbach

Mit zwölf inhalt­lichen Themen zur Inku­na­belzeit wird hier eine Mischung aus Schaubuch und Aufsatzband vorgelegt. Schaubuch wegen des größeren Buch­formats und Aufsatzband wegen der klaren thema­tischen Trennung. Typo­graphie und Satz­spiegel folgen den Bedin­gungen einer ange­nehmen Lesbarkeit.

Buchbesprechung

Renaissance als wunderbare Erin­nerung

Rudolf Paulus Gorbach

Für Typo­grafen und Gestalter ist der Begriff »Renaissance« besetzt mit Erin­ne­rungen oder Wissen an die Renaissance-Antiqua, an den Beginn des Buch­drucks und der Medien, an Propor­ti­ons­ge­schichte oder Taschenbuch. Vor allem aber war es ein Aufbruch, der ein neues Epochenbild hervor­brachte. Mit freiem Denken entstanden neue Horizonte – eine einzig­artige Epoche.

Buchbesprechung

Biblio­theken, die großen Gehäuse der Bücher

Rudolf Paulus Gorbach

Wenn Typo­grafie-Begeisterte reisen, sind oft auch Besuche in Biblio­theken Teil des Programms. Ich denke da an Exkur­sionen der tgm. Da ist zunächst das Interesse an der Dichte des Gedruckten, aber auch die Freude und der Respekt an Kultur­bauten speziell für das Buch.