typographische
zitate
Gute Typo­graphie ist ganz und gar nicht von auffälligen und sonderbaren Schriften abhängig. Dies meint nur der uner­fahrene.
Jan Tschichold

Typographische
Gesellschaft
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Buchbesprechung

Bosshards sechs Essays, unvergessen

Rudolf Paulus Gorbach
28. Mai 2020
Wieder gefunden und gelesen nach 14 Jahren: Denn das Buch hat kaum etwas an Aktu­alität verloren. Hans Rudolf Bosshards sechs Essays zu Typo­grafie, Schrift und Lesbarkeit. Beim Verlag vergriffen, aber im Anti­quariat leicht zu finden. Sechs Essays und damit sechs Argumente für das Buch.

Die einzelnen Aufsätze kannte ich in ihrer ursprüng­lichen Form als Beiträge in der heute von mir sehr vermissten Schweizer Zeit­schrift »Typo­gra­fische Monats­blätter«. 

Hand Rudolf Bosshard: Typografie, Schrift, Lesbarkeit

1. Selten findet man eine so kompri­mierte und kluge Zusam­men­fassung über die Zusam­menhänge von Lesbarkeit, Lese­freund­lichkeit und typo­gra­fischer Gestaltung. Dabei spielt die Geschichte von Schrift und Buch­ge­staltung eine Rolle, ebenso wie Sprache, Moti­vation, Umfeld und die Expe­rimente in der Schrift­ge­staltung, Hand­schriften und die Gesetze der Wahr­nehmung. Sogar das längst berühmte Beispiel über Schrift und Farbe wird wissend gestreift.

2. Anmer­kungen zum Schrift­schaffen seit 1945 (bis 1993). Da gab es zum Glück noch nicht so unendlich viele Schriften. Die wichtigen und brauchbaren wurden hier besprochen, aber auch die lebendigen Klassiker.

3. Das Kapitel über die Wahr­nehmung und Lesbarkeit von Schrift im Stadtbild behandelt Geschäfts­schilder, beginnend im 15. Jahr­hundert, bespricht Klassiker der Moderne und endet schließlich mit dem Jahr 1995.

4. Die »Demontage der Regel« entstand zunächst als Vortrag für den Typotag 1993 in Zürich, der unter dem Thema »Russische und west­eu­ro­päische Typo­grafie im Span­nungsfeld« stand. Dazu gehören der Austausch in der Moderne der 20er und 30er Jahre via Lissitzky und Tschichold und der Unter­schied der kyril­lischen Minuskel und ihre Verwandt­schaft zur latei­nischen Schrift. Und am Schluss werden sieben Regeln zur Demontage aufge­stellt, die ich jetzt nicht verrate.

5. Das Verhalten und Verhältnis zwischen Lehrer- und Schü­ler­ty­po­grafie und welche Regeln, Sehn­süchte oder Ängste damit verbunden sind.

6. Typo­grafie und das kulturelle Umfeld oder wie man die Geschichte der Gegenwart aufnehmen kann oder könnte. Gleich­zeitig ein Streifzug durch Themen der Kunst, wie Nach­ahmung und Origi­nalität. Beispiele von Mallarmè bis zu Arbeiten Bosshards aus den achtziger und neunziger Jahren.

Und das sind nur einige der Themen.

Hans Rudolf Bosshard
Sechs Essays zu Typo­grafie, Schrift und Lesbarkeit
194 Seiten mit 151 Abb. 
Hardcover mit Schutz­um­schlag  
Basel 1996 
ISBN  978–3–7212–0163–5  

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