Leichte Sprache endlich auch visuell unterstützt
Vom Formular bis zur Webseite – die Anzahl der Medien in sogenannter Leichter Sprache wächst. Die neue DIN SPEC (PAS) schafft mit ihren »Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache« eine wesentliche Grundlage für eine einheitliche und erfolgreiche Umsetzung.
Dabei spielen endlich auch die Gestaltung und die Schrift eine Rolle. Heißt: Typografie, also Schriftwahl und -größe, Satzspiegel, Spaltenbreite etc. werden systematisch in die Anforderungen einbezogen. Das macht das Text-Erleben von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen über eine geringe Kompetenz in der deutschen Sprache verfügen, einfacher – und somit auch barrierefreier. Damit werden immerhin 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland erreicht.
Die neue DIN SPEC richtet sich an Texterinnen und Texter, Übersetzerinnen und Übersetzer, Designerinnen und Designer, Prüferinnen und Prüfer sowie Auftraggeberinnen und Auftraggeber. Die Empfehlungen dieses Dokuments dienen der Qualitätssicherung und sind gleichermaßen als Kriterien für Ausschreibungen nutzbar. Um gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten, werden Texte aus der Alltagssprache in Leichte Sprache sowie in eine klare, gut erfassbare Typografie übersetzt. Das Ergebnis muss so verständlich wie lesbar sein. Dazu trägt in beträchtlichem Maße auch die visuelle Gestaltung eines Textes bei.
Erarbeitet wurde die neue DIN SPEC 33429 im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Öffentliche Hand, Wissenschaft, Design, Übersetzung und Prüfung sowie Verlagen. Für den visuellen Teil waren über den »Rat für Inklusion« des Deutschen Designtags Expertinnen und Experten aus Typografie, Illustration, Schriftenentwicklung und Gestaltung beteiligt. Menschen mit Lernschwierigkeiten waren in allen Phasen der Erarbeitung eingebunden und wurden dabei von ihren jeweiligen Organisationen unterstützt.
Das Kapitel »Empfehlungen zur visuellen Gestaltung« zeigt die Bedeutung von Gestaltung für die Textverständlichkeit auf. Darin werden Gestaltungsgenres ebenso erklärt wie visuelle Strukturierung, Format und Seitengestaltung, Auszeichnungen, Tabellen, grafische Elemente, Texturen, Tonwerte und Farben und nicht zuletzt auch Auswahlkriterien bzgl. Schriften für unterschiedliche Textsorten vorgelegt. Auch das Thema Bild kommt nicht zu kurz und befasst sich u. a. mit Bildarten und ihrer Verwendung, Erkennbarkeit und Verständlichkeit, Hilfsmitteln für die bildliche Darstellung sowie dem Verhältnis von Bild und Sprache.
»Endlich hat Arial 14 Punkt als eine Art Universaldübel für die Gestaltung von Texten in Leichter Sprache ausgedient«, betont der Präsident des Deutschen Designtags Boris Kochan. »Mit der unter Beteiligung von Designerinnen und Designern erarbeiteten DIN SPEC wurden Empfehlungen geschaffen, die der Sprachlichkeit eine visuelle Form zur Seite stellen. Und so die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern mit eingeschränkten Lese- und Verstehensfähigkeiten an jeglicher schriftlicher Kommunikation erweitert. Was mich dabei zusätzlich freut: Der Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales an das DIN greift die Forderungen der Stellungnahme des Designtags ›Angemessene Kommunikation mit Leichter Sprache und inklusivem Kommunikationsdesign‹ aus dem Jahr 2020 auf.«
Möglichkeit zur Kommentierung
Die DIN SPEC ist seit 3. März für alle öffentlich auf der DIN-Webseite bereitgestellt. Bis zum 3. Mai können ihre Inhalte von der Fachöffentlichkeit, d. h. auch von Designerinnen und Designern, kommentiert werden.
Buchtipps
Sabina Sieghart, die an der Arbeit der DIN SPEC beteiligt ist, und Bettina M. Bock veröffentlichten im letzten Jahr einen Ratgeber »Wie Unternehmen und Behörden barrierefrei kommunizieren können«.
Die Arbeitsgruppe für visuelle Gestaltung arbeitet momentan an einem Buch als Hilfe bei der Realisierung der DIN SPEC. Zur Arbeitsgruppe gehören Ulrike Borinski (Forum Typografie), Rudolf Paulus Gorbach (tgm), Albert Jan Pool (Obmann für die DIN 1450 Leserlichkeit), Sabina Sieghart (AGD), Birgit Walter (Forum Typografie) und Dr. Juliane Wenzl (Illustratoren Organisation). Außerdem temporär Tom Bieling (Zentrum für Designforschung), Ina Beyer (3 in 1; Grafik I Redaktion I leichte Sprache) und Marion Klanke (Lebenshilfe Bremen).
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