Max Bill und Jan Tschichold. Ein typografischer Streit
Tschichold antwortete in wohl dosierten Worten in derselben Zeitschrift unter dem Titel »Glaube und Wirklichkeit«, wo er seine neue Position vehement verteidigte. Beide Beiträge sind nun in einer von Hans Rudolf Bosshard kommentierten Ausgabe wieder erschienen, zu der Jost Hochuli ein ergänzendes Nachwort schrieb.
Was war geschehen? Es ging tatsächlich um eine damals bedeutende Auseinandersetzung. Schließlich hatte Jan Tschichold als Vorreiter der modernen Typografie seine Position gewechselt und predigte fortan den Weg zu einer traditionellen Buchtypografie. Das schien ihm der Architekt und Grafiker Max Bill nicht zu verzeihen und so trafen die konträren Positionen aufeinander. Bosshard hat die beiden Positionen hervorragend aufgearbeitet und das Umfeld der Typografie entscheidend erläutert. So kommen die typografischen Strömungen der 20er und 30er Jahre zur Sprache, die Vorbilder von Tschichold, aber auch die Bemühungen von Bill als Grafiker in Zürich. Bosshard versucht beide Positionen in ihrer hohen Qualität darzustellen und zu würdigen, was auch gelungen ist.
Man darf dabei nicht vergessen, welchen Riss es zwischen den Befürwortern der Moderne und der Tradition gab. Während meines Studiums Anfang der 60er Jahre war das noch durchaus spürbar. Deshalb ist dieses Buch ein sehr wichtiges Dokument zur Geschichte der Typografie im 20. Jahrhundert. Und schließlich sind beide Richtungen in der heutigen Zeit sehr lebendig.
Hans Rudolf Bosshard:
Der Typografiestreit der Moderne – Max Bill kontra Jan Tschichold
120 Seiten mit 60 Abbildungen.
Verlag Niggli, Sulgen 2012,
29,80 Euro.
ISBN 978–3–7212–0833–7
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