Typografie, ein ABC?
Mit diesem Kompendium ist ein sehr brauchbares Buch gelungen. Eine solide und unspektakuläre Seitengestaltung hält sich im Hintergrund. Die fachliche Bandbreite wird durch zahlreiche Gastbeiträge ergänzt, wie beispielsweise von Florian Adler, Lisa Fischbach oder Frank Rausch, um nur einige davon zu nennen. Doch auch in den einzelnen Beiträgen der Autoren findet man die Ratgeberschaft, z.B. zu speziellen Themen der Schrift von Albert Jan Pool.
Die Beiträge stehen häufig auf einer Doppelseite, was das Buch zum Nachschlagen sehr geeignet macht. So beginnt das 1. Kapitel über die Grundlagen der Schrift ganz »unten« beim Aufbau der Schriftzeichen und den Schriftschnitten, zieht sich mit vielen technischen Seiten hin bis zur Schriftwahl und den heiklen Schriftmischungen.
Mit Layout und Satz geht es weiter, wobei ein starker Bezug zu InDesign besteht und sich die Doppelseiten mit knappen Erklärungen und plausiblen Bildbeispielen abwechseln. Im 3. Kapitel zur Mikrotypografie reichen die Themen von typischen Fehlern bis hin zu einer Checkliste für Typografie und Reinzeichnung.
Schrift im Kontext behandelt Themen der visuellen Gestaltung, wie Weißraum, Anordnung, Typografie als Gestaltungsmittel, aber auch Papierformate, oder wie man Bücher einrichtet und die Druckdatenerstellung. Besonders wichtig ist das 5. Kapitel, in dem es um digitale Typografie geht. Hier finden sich gerade für den Print-orientierten Gestalter viele wichtige Informationen, um auch endlich im digitalen Bereich Typografie richtig zur Geltung zu bringen. Und schließlich gibt es auch noch ein Kapitel mit einer verkürzten, aber reich bebilderten Schriftgeschichte.
In vielen Abschnitten werden Links als Hinweise zur Vertiefung der einzelnen Themen angeboten. Überhaupt ist die Navigationsmöglichkeit in der gedruckten Ausgabe schon sehr gut. Besonders rentabel ist hier die Kombination aus Buch und E-Book Version zum Lernen und für die tägliche Praxis. Zudem ist das Buch sehr übersichtlich gestaltet und in der schönen Schrift Edit Serif gesetzt. Lediglich das matt gestrichene Papier wünschte ich mir in der Oberfläche noch matter, was die Haptik noch verbessern würde. Das Buch ist praktikabel als Einstieg in die Materie der Typografie, aber auch zum Nachschlagen. Dabei kann es natürlich die volle Weite der einzelnen Themen nicht abdecken.
Patrick Marc Sommer, Natalie Gaspar
Das ABC der Typografie
Grundlagen, Definitionen, Praxisanwendung
399 Seiten
Pappband
Rheinwerk Verlag, Bonn 2020
39,90 Euro
(Bundle 44,90)
ISBN 978–3–8362–6166–1
Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten
Gedanken zur Typografie bei und von Klaus Detjen
Sehr viel Erfahrung und Nachdenken über Typografie in kleinen Beiträgen und Miniaturen fasst Klaus Detjen zusammen. Typografie im »Detjen-puren Sinn« wird hier betrachtet, von Manutio bis Malarmé, beeinflusst von Künstlern, Literaten und Philosophen.
Erste Eindrücke und die Typografie
Der erste Eindruck zählt! Ein Buchtitel, der einen Gemeinplatz wiedergibt. Im Untertitel steht dann: Das Handwerk der Typografie verstehen und anwenden. Hmm. Ein Typografie-Grundlagenbuch? Haben wir darauf gewartet? Dann erst einmal eine sanfte Durchblätterung des Buches. Die Typografie sieht interessant aus und das Textpapier ist angenehm. Somit haben wir schon zwei erste Eindrücke.
Wenn Buchstaben tanzen
Und die Typografie bewegt sich doch! Nach fünf Jahren fand wieder unser Dynamic Font Day in München statt – »endlich wieder«, möchte man sagen! Von 3D-Fonts über eingebettete Schriftdynamik bis hin zu parametrisierbarer Designsoftware wurden die neuesten Entwicklungen vorgestellt und diskutiert. Und ja: Eine Weltpremiere gab es auch!
Gemischter Satz: gemischte Schriften
Das Mischen von Schriften ist schwierig. Die Typografie kommt hier an ihre Grenzen. Hier herrschen – statt Fachwissen und Können — Lust an Dekorativen. Ich persönlich gehöre allerdings zu der Gruppe von Typografen, die sehr selten Schriften zusammenbringen. Umso interessanter finde ich das vorliegende Buch von Philipp Stamm.
Lesen im digitalen Zeitalter
Nein, dieses Buch jammert nicht darüber, dass dank der Computer immer weniger gelesen wird. Ganz im Gegenteil. Das Unbehagen am digitalen Lesen ist unbegründet. Der Literaturwissenschaftler Gerhard Lauer geht dem auf den Grund und beginnt gleich mit dem uns Menschen innewohnenden Hunger nach Geschichten.
Checkliste für optimale Schrift
Bücher zum Thema Schrift gibt es nicht wenige. Möchte sich ein neues Werk vom Rest abheben, muss es mehr bieten, als Fachbegriffe bebildert zu erklären. Mit »Schrift. Wahl und Mischung«, einem fast 1.660 Gramm schweren Buch – das man so beispielsweise auch als kleines schwarzes Podest verwenden könnte – ist nun ein weiteres erschienen. Kann dieses Buch Neues bieten?