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Buchbesprechung

Grafikdesign und historische Forschung

Ulrike Borinski
12. Januar 2017
Mapping Graphic Design History in Swit­zerland ist eine Aufsatz­sammlung, die »ange­wandte theo­re­tische und metho­dische Ansätze für die histo­rische Forschung im Bereich Grafik­design« diskutiert – so beschreibt es der Triest Verlag. Am 27.2.2014 fand an der Hoch­schule der Künste Bern ein gleich­namiges Symposium statt. Um einen Tagungsband handelt es sich aber wohl nicht, denn die Autoren des Buches sind nur teilweise identisch mit den Refe­renten des Symposiums.

Das Buch ist freundlich, das Papier glatt mit leichtem Chamois-Ton, die Schrift Mengelt Basel Antiqua, die Typo­grafie im Detail lese­tauglich – gut, weil die Texte als englisch­sprachige wissen­schaftliche Diskurse den Leser heraus­fordern. Der Satz ist wissen­schaftlich, das Seiten­layout klassisch. Allerdings sind die Einzüge unbe­holfen groß und unko­or­diniert, die Stege unaus­gegoren.

Die Artikel sind bebildert, was den Infor­ma­ti­ons­quo­tienten erhöht. Die Illus­tra­tionen nutzen den Raum ange­messen – mehr als der Text. Die Ausstattung des Buches ist auf der Infor­ma­ti­onsseite hervor­ragend: aussa­ge­kräftiges Inhalts­ver­zeichnis, die Aufsätze enthalten Fußnoten und umfang­reiche Quel­len­ver­zeichnisse, die Autoren werden beschrieben, Abbildungs- und Lite­ra­tur­ver­zeichnis runden das Buch ab.

Hier und da tauchen Bild­strecken mit ganz­seitigen Abbil­dungen auf. Sie mögen das Ganze illus­trieren, aber ihre Bedeutung erschließt sich mir nicht. Ich mag Adrian Frutiger, der etwas Weltall in den Händen hält. Ich mag das Kind mit den blinden Augen nicht, das eine Tafel Scho­kolade liebt, die in einen Typometer-Umschlag gehüllt ist.

Auf der Innenseite der Umschlag­klappe (flap) befindet sich ein Glossar. Wie man diese Anordnung nutzen kann, habe ich bei slanted entdeckt: Man klappt die Flaps heraus und lässt sie beim Lesen offen. So entsteht eine Art Altar. Dieser zeigt eine kleine »Voka­bel­sammlung« – eine Aufzählung von Schulen, Museen, Forschungs­ein­rich­tungen zum Thema. Etwa 10 Fach­be­griffe sind aufge­listet. Also klappe ich die Alta­r­flügel wieder zu.

Das Buch präsentiert eine Landkarte der Schweizer Desi­gnge­schichte mit Fragen nach dem Zusam­menhang von Land­schafts­malerei und Souvenir. Die Geschichte der Kunst­ge­wer­be­schule Zürich und ihrer Nach­fol­ge­in­sti­tu­tionen, Archive und Samm­lungen, das Kura­tieren von Desi­gnausstel­lungen, die Ausbildung im Schrift­design, die schwierigen Jahre der schönsten Bücher – um nur einige Themen zu nennen – werden diskutiert.

Es sind wissen­schaftliche Diskus­sionen, die – nicht selten – akribisch ins Detail gehen. Für den »Alltags­de­signer« sind sie nicht aufbe­reitet.

Desi­gnfor­schung – als geis­tes­wis­sen­schaftliche Forschung – lehnt sich hier weit zurück und betrachtet mit großem Abstand Themen, die viel­leicht gar nicht dem Design, sondern eher den Kultur­wis­sen­schaften oder der Kunst­ge­schichte zuzu­ordnen sind. Design ist (fast) Kunst, scheint auch hier die Grun­d­annahme zu sein.

Würde sich die Desi­gnfor­schung als Inge­ni­eu­r­wis­sen­schaft verstehen, dann würde viel­leicht die Wirkung eine Rolle spielen, der Mehrwert, die Präzi­sierung des Handelns. Das würde von den Arte­fakten wegführen, auch vom Designer als Gestalter. Schade? Nein, sicher nicht.

Fornari, D.; Lzicar, R. (Hrsg.):
Mapping Graphic Design History in Swit­zerland.
ca. 100 Abbil­dungen und 3 Bildessays, Englisch
Klap­pen­broschur, 328 Seiten, 160 × 240 mm
39,00 Euro
ISBN 978–3–03863–009–8
Triest Verlag, Bern, 2016

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