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Es ist fast unmöglich, gleich­zeitig zu lesen und zu schauen: Das sind unter­schiedliche Tätig­keiten.
Gerard Unger

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Buchbesprechung

Dreschers einzigartiger Plakatstil

Rudolf Paulus Gorbach
15. April 2020
Wir wissen, dass die tradi­ti­onelle Technik des Buch­drucks in der DDR viel länger als im Westen exis­tierte. Das wurde eigentlich auf den wirschaft­lichen Mangel bezogen, erweist sich heute aber durchaus auch als Vorteil. In der Plakat­ge­staltung gilt deshalb Karl-Heinz Drescher als Beispiel.

Plakate im Hochdruck, meistens zwei­farbig, von den Plakat­schriften gedruckt mit allen Vor- und Nach­teilen, nach denen sich heute Anhänger von Pres­sen­drucken oder der Schwarzen Kunst so sehnen.

Bei slanted erschien nun ein sehr schön gestaltetes Buch über das Werk von Karl-Heinz Drescher. Papierwahl und Gestaltung (mit einigen Ausnahmen) passen hervor­ragend zum Thema. Dreschers Plakate sind infor­mierend, gestal­terisch eher rück­wärts­bezogen, aber das wiederum in einer erfri­schenden Art. Es sind keine Kopien älterer Anschläge, beziehen sich aber darauf. Er war fester Mita­r­beiter im Theater am Schiff­bau­erndamm und hat damit auch das Erbe Berthold Brechts erweitert. Im Buch selbst kommt Drescher (1936–2011) mit verschiedenen Themen zu Wort. Einzelne Beiträge streifen die Plakat­ge­staltung, aber auch die Kultur der DDR, wobei Sylke Wunderlichs kennt­nis­reiche Artikel zum gesamten Plakat­schaffen der DDR hervor­stechen. Drescher hat aber nicht nur für das Theater am Schiff­bau­erndamm gear­beitet, sondern Serien von Plakaten entstanden für die Akademie der Künste der DDR oder dem BAT – Arbeiter und Studen­ten­theater. 

Die sehr anspre­chende Publi­kation hat leider ein paar Probleme. Typo­grafie, die lesen behindert, ist zynisch. Das trifft hier zum Glück nur auf einen kleinen Bereich zu. Aber die Biografien auf den breiten Umschlag­klappen sind von der Schriftwahl und Laufweite unlesbar. Biografien (ab Seite 250) in kleinem Schriftgrad in hellem Rot zu drucken zeugt von Ignoranz jeglicher Lesbar­keits­for­schung. Schreib­ma­schi­nen­schrift für die Bild­le­genden und Interviews bleiben unbe­frie­digend für den Leser. Das mag zwar zur Gestaltung des Buches passen, kann aber nicht zugemutet werden. Sehr schade für das sonst so gut editiertes und gestaltetes Buch­projekt.

Markus Lange (Hrsg.)
K. H. Drescher Berlin Typo Posters
Mit Beiträgen von Renè Grohnert, Friedrich Dieckmann, Sylke Wunderlich, Peter Kammerer, Niklaus Troxler, Helene WeigelGötz Gramlich, Jamie Murphy, Erik Spie­kermann / Ferdinand Ulrich, Gerd Fleischmann und zahl­reichen Interviews
19,5 × 26,5 × 2,5 cm
272 Seiten
Englisch, Deutsch
Schweizer Broschur
Slanted Publishers, Karlsruhe 2020
ISBN: 978–3–948440–00–8
40 Euro
www.slanted.de/karl-heinz-drescher

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