Den Sinnen trauen und verantwortlich gestalten
Im Vorprogramm Nina Stössingers FF Ernestine: Serifenbetont, gleichmäßiger Strich, sogar für 4 Punkt geeignet? Eine Schrift, die ich sofort ausprobieren wollte. Ursprünglich wollte Stössinger die »Industrie« digitalisieren, vielleicht ist auch noch der Einfluss der Hermes-Schreibmaschinenschrift spürbar. Herausgekommen ist jedenfalls eine freundliche, serifenbetonte Schrift, die mehr Textschrift sein sollte als nur schön anzusehen. Der Abend hatte gut begonnen.
Gutes Design muss sich nicht in den Vordergrund stellen, sagte Dieter Rams, und damit war von Hausen schon mitten im Thema. Die Zwänge des Alltags dominieren, aber manchmal kann man sich mit Qualität trotzdem durchsetzen. Aber kann sich ein Unternehmen überhaupt noch leisten, unauffällig zu sein? Längst weiß man auch, dass gerade schlechtes Design sehr auffällig ist. Zeichen & Wunder arbeitet hauptsächlich mit Kommunikation im Raum, berät die Identität eines Unternehmens. Aber auch ganz kleine Dinge wie das Design von Briefmarken entstehen.
»Angemessenheit«, erklärt Hausen, sei ein »schmutziger« Begriff. Was wäre das im Sinne von Ram? Und er wählt ein Wort, das ihm besser gefällt: Lagom (schwedisch für gerade richtig). Ohne Inhalt gäbe es kein Design. Und dafür müsse man vor dem Pitch Texte lesen. Und er meint, dass man sich sein Briefing meistens selbst machen müsse. Brüche müssten sein, Konsistenz allein reiche nicht. So will er mit seinem Team etwas Bezauberndes schaffen. Ein gelungenes Beispiel war die blühende Magnolie auf einer Messe.
»Trau deinen Sinnen« gilt für Mitarbeiter, aber auch für Entscheider. Vor der Selbstüberschätzung braucht es manchmal Mut. Und respektlos mit einer Marke umzugehen, geht gar nicht.
Mit zwei Beispielen illustrierte von Hausen einige seiner Gedanken. Das eigenständige Münchnerische beim Sporthaus Schuster, dessen Auftritt Zeichen & Wunder seit dem Neubau in der Münchner Innenstadt betreut. Und das ganz ohne Weißwurstbierseligkeit.
Ein ganz anderes Projekt: SAP, Auftritt auf der Cebit 2012. Bisher war der Auftritt immer sehr kleinteilig. Mehr Bewegung auf der Messe, mehr Erlebnis und mehr persönliche Gespräche waren das Ziel. Ein gigantischer Messestand entsteht, inklusive eines wunderschönen Quallenaquariums. Und Marcus von Hausen ist mit sich und der Verantwortung im Reinen.
Bei der anschließenden Nachtausgabe in den Räumen von Zeichen & Wunder (wo vor Jahrzehnten die Clichéanstalt Osiris arbeitete) wurden noch Details diskutiert, auch mit den vollzählig anwesenden freundlichen Mitarbeiter/innen.
Fotos: © Michael Bundscherer (Flickr)
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