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Buchbesprechung

Bücher mit spürbarem Anpressdruck

Rudolf Paulus Gorbach
27. Februar 2021
Besondere Bücher mit besonderer Gestaltung sind immer gefragt. Etwas für Sammler und auch für die vielen Verehrer und Vereh­re­rinnen von Erik Spie­kermann: TOC 01 ist erschienen. Doch was hat es damit auf sich?

TOC (The Other Collection) schreibt: "Unsere Bücher werden ausgewählt, um zeitlose Fragen zu finden und zu beant­worten und um die Möglichkeit zu bieten, die Welt, die uns umgibt, besser zu verstehen. Dies geschieht durch eine besondere Buch­ge­staltung, für die Erik Spie­kermann verant­wortlich zeichnet.

Schutzumschlag

Der erste Band von Deborah Levy »The Cost of Living«, heraus­gegeben von Birgit Schmitz, liegt nun auf meinem Tisch, und ich möchte mich hier explizit mit der Buch­ge­staltung beschäftigen. Verpackt in einer schlichten schwarz-grauen Stülpschachtel fällt sofort das Muster des Schutz­um­schlags (hier Buch­deckel genannt) ins Auge. Zwei­farbig auf Gmund-Baum­woll­papier, die Unvoll­kom­menheit des Drucks auf einer Korrex »zele­brierend«, sind verschiedene Muster für die Buchreihe vorgesehen.

Der Einband aus feinem Leinen und geprägtem (mit farblosem Lack über­zogenem), leider etwas zu dickem Pappband hat eine Insider-Eleganz. Man muss sich wohl die ganze Reihe im Regal vorstellen, oder lässt man die Bücher lieber in der Schachtel?

Natürlich gibt es ein farbiges Vorsatz­papier, Lese­bändchen und Kapi­talband (hier Stirn­bändchen genannt), der Inhalt ist auf Schleipen Werk­druck­papier gedruckt und die typo­gra­fische Ausstattung (Fußtitel, Einzüge, Werksatz) ist vorbildlich.

Für diesen Band wurden zwei Schriften verwendet. Es wurde die Nähe zu Baskerville und Caslon gesucht und die William Text von Maria Doreuli verwendet, eine sehr schöne Seri­fen­schrift. Im Buch ist die Schrift etwas zu groß. Die zweite Schrift für den wohl obli­ga­to­rischen Schriftmix ist die FF Real des Meisters selbst. Satz und Typo­grafie sind vorbildlich.

Schriftvergleich. Aus dem Nachwort.

Das Problem ist aber die Verän­derung durch den Druck mit Poly­mer­platten im Hochdruck. Ich habe fast den Eindruck, dass sich hier die hyper­moderne Satz­technik und der Notbehelf des Buch­drucks in die Quere kommen. Denn das Schriftbild im Druck sieht breiter aus, als die Schrift erscheint, und es erinnert mich auch irgendwie an sehr weit zurück­liegende Zeiten. Als Buch­drucker im Werkdruck in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahr­hunderts hatte ich manchmal Bücher gedruckt, deren Satz via Stereotypie vom Mono­typesatz abgeprägt waren. Und die Schrift­ver­än­de­rungen waren ähnlich (wenn auch viel krasser). Das sieht man besonders bei den Über­schriften. Beim Lesen gewöhnt man sich natürlich sehr schnell an das Schriftbild. Aber offen­sichtlich geben die Poly­mer­platten das Schriftbild nicht exakt wieder. Und ein spitzes Schriftbild wie im Fotosatz soll ja auch nicht erreicht werden. Ein weiterer Effekt ist der relativ hohe Anpressdruck, so dass man noch ein leichtes Relief spürt. Das ist gerade in Mode. Aus der Sicht des klas­sischen Buch­drucks wäre das ein großer Fehler. Wir haben uns als Buch­drucker sehr viel Mühe gegeben, das entstehende Relief durch indi­vi­duelle Form­gebung zu mini­mieren. Und jetzt will man es möglichst spüren!

Schriftwiedergabe der William Text

Sehr schön sind die farbigen Zwischen­blätter mit den Zeich­nungen von Erik Spie­kermann. Das Buch wird in einer Proportion des Goldenen Schnitts ange­kündigt, mit 135 × 215 mm (genau wäre 133 × 215), was für diese Zwecke die richtige Proportion ist (auf das Fibonacci-Getue sollte man verzichten). Bei den Rand­stegen von 14, 18, 20 und 30 mm finde ich nur teilweise einen direkten Bezug zur Proportion (wobei das in vielen Buch­pro­duk­tionen aus Angst vor dem Buch­rücken vernach­lässigt wird).

Das ist jetzt keine Buch­be­sprechung im Sinne der Literatur, was im tgm-Blog auch sehr unge­wöhnlich wäre. Von sehr hoher inhalt­licher Qualität darf man für die ganze Reihe ausgehen. Lesenswert ist auch das Nachwort von Erik Spie­kermann zur Machart der Buchreihe.

Es handelt sich also um eine höchst indi­vi­duelle Ausgabe, die wahr­scheinlich besondere Sammler anziehen dürfte. Eine ganz andere Konzeption als die Andere Bibliothek seinerzeit mit Franz Greno und Hans Magnus Enzens­berger beab­sichtigte. Und natürlich wieder anders als Schu­ma­cher­Geblers klas­sische Edition.

Birgit Schmitz (Hrsg.)
Deborah Levy
The Cost of Living
toc 01
144 Seiten
135 × 215 mm
Fein­lei­nenband mit Schutz­um­schlag
toc Berlin 2021
ISBN 978–3–949164–00–2
138 Euro
Abo für 12 Bücher 1 536 Euro

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