typographische
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You cannot not commu­nicate.
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Typofikation Nr. 5

Oliver Linke
16. März 2012
Dieter Rams’ fünfter Grundsatz zur guten Gestaltung findet in der Typo­grafie bis heute viele Anhänger. Gleich­zeitig ist er wohl einer der am kontro­ver­sesten disku­tierten.
Weltempfänger von Dieter Rams

Dieter Rams’ fünfter Grundsatz zur guten Gestaltung lautet:
Gutes Design ist unauf­fällig

  • Meiner Meinung nach sind Produkte keine Lebewesen und noch nicht einmal Kunstwerke, obwohl manche Leute sie gerne dazu machen möchten. Design sollte Produkten den richtigen Platz in unserem Leben zuweisen. Aber in einem sehr tief­grei­fenden und weit­rei­chenden Sinn ist gutes Design menschlich. Es mani­festiert sich in Produkten, die der Benutzer einfach und natürlich akzep­tieren und mit denen er lange befreundet sein kann – ohne daß sie Illu­sionen erzeugen, bombastisch oder verlockend sind. Sie sollten so neutral und zurück­haltend wie möglich sein und dem Benutzer Raum lassen, sich selbst auszu­drücken

Dieser Grundsatz, auf die Typo­grafie ange­wendet, findet auch heute noch viele Anhänger. Gleich­zeitig ist er wahr­scheinlich einer der am meisten disku­tierteste. Wer kennt sie nicht, die Grundsatz-Thesen, die Typo­grafie als Mittel defi­nieren, dessen alleiniger Zweck die möglichst unge­störte Darreichung des Text­in­haltes ist. Allein bei Kurt Weidemann lassen sich zahl­reiche Aussprüche finden, wie etwa:

  • »Schrift zum Lesen vor die Augen der Menschen zu bringen ist eine Dienst­leistung. Je ruhiger, einfacher und unauf­dring­licher das gemacht wird, desto besser.« Oder: »Typo­grafen sind Dienstleute. Es ist eine Berufs­grup­pen­be­zeichnung, zu der auch Gepäck­träger und Pastoren, Zahl­kellner und Nati­o­nal­torwarte gehören.« (Kurt Weidemann: Worte und Werte, Hermann Schmidt Mainz, 2005; S. 114 und 122)

In den letzten Jahren scheint sich in der Typo­grafie das, was als »dienende Funktion« verstanden wurde, zusehends zu verbreitern. Zum unauf­fälligen Zurück­treten und dem Primat der Lesbarkeit gesellen sich neue, wichtige Funk­tionen, die die Akti­vierung zum Lesen als Ziel haben. Was nützt perfekt lesbare Typo­grafie, wenn man gar nicht erst anfängt zu lesen?

Mehr und mehr werden Elemente aus der Akzi­denz­ty­po­grafie in den Mengensatz inte­griert. Immer häufiger entsteht dabei auch eine visuelle Textin­ter­pre­tation. Was Rams als »Illu­sionen erzeugen« beschreibt, könnte man auch »Phantasie anregen« nennen. Typo­grafie eman­zipiert sich aus dem neutralen Passivmodus zum aktiven Statement. Das »dient« dann – im guten Maß eingesetzt – letztlich auch dem Autor.

Wie sehen Sie das? Ist für Sie gute Typo­grafie unauf­fällig?

 

Die 5. These der Ramsi­fi­ka­tionen in der Fassung aus dem Jahr 1990 ist zitiert aus Rams, Dieter: Die leise Ordnung der Dinge. 1. Auflage. Steidl Verlag. Das Foto stammt von der Sammlung Werk­bun­d­archiv – Museum der Dinge, Fotograf: Armin Herrmann

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