typographische
zitate
Raum ist wichtiger als Kraft.
aus den vedischen Schriften

Typographische
Gesellschaft
München e. V.

Goethe­straße 28 Rgb.
80336 München

info@tgm-online.de
089.7 14 73 33

Verein

Typofikation Nr. 5

Oliver Linke
16. März 2012
Dieter Rams’ fünfter Grundsatz zur guten Gestaltung findet in der Typo­grafie bis heute viele Anhänger. Gleich­zeitig ist er wohl einer der am kontro­ver­sesten disku­tierten.
Weltempfänger von Dieter Rams

Dieter Rams’ fünfter Grundsatz zur guten Gestaltung lautet:
Gutes Design ist unauf­fällig

  • Meiner Meinung nach sind Produkte keine Lebewesen und noch nicht einmal Kunstwerke, obwohl manche Leute sie gerne dazu machen möchten. Design sollte Produkten den richtigen Platz in unserem Leben zuweisen. Aber in einem sehr tief­grei­fenden und weit­rei­chenden Sinn ist gutes Design menschlich. Es mani­festiert sich in Produkten, die der Benutzer einfach und natürlich akzep­tieren und mit denen er lange befreundet sein kann – ohne daß sie Illu­sionen erzeugen, bombastisch oder verlockend sind. Sie sollten so neutral und zurück­haltend wie möglich sein und dem Benutzer Raum lassen, sich selbst auszu­drücken

Dieser Grundsatz, auf die Typo­grafie ange­wendet, findet auch heute noch viele Anhänger. Gleich­zeitig ist er wahr­scheinlich einer der am meisten disku­tierteste. Wer kennt sie nicht, die Grundsatz-Thesen, die Typo­grafie als Mittel defi­nieren, dessen alleiniger Zweck die möglichst unge­störte Darreichung des Text­in­haltes ist. Allein bei Kurt Weidemann lassen sich zahl­reiche Aussprüche finden, wie etwa:

  • »Schrift zum Lesen vor die Augen der Menschen zu bringen ist eine Dienst­leistung. Je ruhiger, einfacher und unauf­dring­licher das gemacht wird, desto besser.« Oder: »Typo­grafen sind Dienstleute. Es ist eine Berufs­grup­pen­be­zeichnung, zu der auch Gepäck­träger und Pastoren, Zahl­kellner und Nati­o­nal­torwarte gehören.« (Kurt Weidemann: Worte und Werte, Hermann Schmidt Mainz, 2005; S. 114 und 122)

In den letzten Jahren scheint sich in der Typo­grafie das, was als »dienende Funktion« verstanden wurde, zusehends zu verbreitern. Zum unauf­fälligen Zurück­treten und dem Primat der Lesbarkeit gesellen sich neue, wichtige Funk­tionen, die die Akti­vierung zum Lesen als Ziel haben. Was nützt perfekt lesbare Typo­grafie, wenn man gar nicht erst anfängt zu lesen?

Mehr und mehr werden Elemente aus der Akzi­denz­ty­po­grafie in den Mengensatz inte­griert. Immer häufiger entsteht dabei auch eine visuelle Textin­ter­pre­tation. Was Rams als »Illu­sionen erzeugen« beschreibt, könnte man auch »Phantasie anregen« nennen. Typo­grafie eman­zipiert sich aus dem neutralen Passivmodus zum aktiven Statement. Das »dient« dann – im guten Maß eingesetzt – letztlich auch dem Autor.

Wie sehen Sie das? Ist für Sie gute Typo­grafie unauf­fällig?

 

Die 5. These der Ramsi­fi­ka­tionen in der Fassung aus dem Jahr 1990 ist zitiert aus Rams, Dieter: Die leise Ordnung der Dinge. 1. Auflage. Steidl Verlag. Das Foto stammt von der Sammlung Werk­bun­d­archiv – Museum der Dinge, Fotograf: Armin Herrmann

Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten

Verein

Von Ramsi­fi­ka­tionen und Typo­fi­ka­tionen Nr. 1

Boris Kochan

Die zehn Prin­zipien guten Designs von Dieter Rams dienen der tgm im aktuellen Programm 2011/2012 zur Struk­tu­rierung der Vortragsreihe »Respekt und Übermut« zum Thema Verant­wortung im Design. Diese »Ramsi­fi­ka­tionen« lesen sich wie ein Leitfaden für verant­wor­tungs­be­wusstes Design.

Schallplattenspieler-Radio
Verein

Typo­fi­kation Nr. 2

Catherine Avak

Die zehn Prin­zipien guten Designs von Dieter Rams dienen der tgm im aktuellen Programm 2011/2012 zur Struk­tu­rierung der Vortragsreihe »Respekt und Übermut« zum Thema Verant­wortung im Design. Diese »Ramsi­fi­ka­tionen« lesen sich wie ein Leitfaden für verant­wor­tungs­be­wusstes Design.

Verein

Typo­fi­kation Nr. 5

Oliver Linke

Dieter Rams’ fünfter Grundsatz zur guten Gestaltung findet in der Typo­grafie bis heute viele Anhänger. Gleich­zeitig ist er wohl einer der am kontro­ver­sesten disku­tierten.

Weltempfänger von Dieter Rams
Event

»Ich liebe Dieter Rams. Er mich nicht.«

Martina Kopp

Das Geständnis einer uner­wi­derten Liebe stand am Anfang des Vortrags von Jochen Rädeker, der am 14. Februar 2012 im Gasteig in München stattfand. Die Gründer der Stutt­garter Desi­g­nagentur Strichpunkt, Kirsten Dietz und Jochen Rädeker, haben für ihr Buch »Good Design is a Tough Job« zwanzig Statements mit Schwerpunkt Kommu­ni­ka­ti­ons­design entwickelt, zunächst ohne im Vordergrund stehendem Bezug zu Rams zehn Thesen für gutes Produkt­design.

Jochen Rädeker
Verein

Typo­fi­kation Nr. 9

Matthias Hauer

In den 80er Jahren noch belächelt, hat der Begriff Ökologie heute einen hohen Stel­lenwert in Gesell­schaft und Unter­nehmen. Zunehmend wird er vom Begriff »Nach­hal­tigkeit« über­lagert.

Event

Im Wind­schatten

Rudolf Paulus Gorbach

Friedrich Forssman ging in seinem Vortrag auf das für diesen Vortrag ausge­wählte Prinzip für gute Gestaltung von Dieter Rams ein: »Gutes Design ist so wenig Design wie möglich«. Er bewegte sich dann durch Theorien, was für manche Besucher etwas enttäu­schend war, da man mit Forssman einen sehr konkreten und prak­tischen Typo­grafen erwartete.

Friedrich Forssman