Im Windschatten
Forssman wollte keine Bilder mehr zeigen, da allgemein eine bildersatte Situation vorherrsche. So sehr ich geschliffene Wortvorträge liebe, aber Forssman fühlte sich in seinem freien Vortrag durch die Rams-These gestört; ging jedoch sogleich auf das Jahresthema der tgm ein. Respekt besteht gegenüber dem Inhalt. Wer sich selbst für einen relevanten Gestalter hält, hat schon verloren. Ein respektvolles Verhalten gegenüber dem Inhalt war früher stärker. Aber was heißt schon Inhalt?
Für Gestalter ist die Geschichte des Designs sehr wichtig. Er findet Rams’ Thesen apodiktisch und meint, dass das Dilemma zwischen Respekt und Übermut nicht aufzulösen sei. Für seine Arbeiten findet er den Käufer in der Vorstellung von sich selbst, sozusagen als »Zielgruppe«.
Ganz ohne Anschauung war es dann jedoch nicht. Friedrich Forssman verteilte einige Exemplare eines Heftes über seine riesige Gestaltungsarbeit für Arno Schmidts »Zettels’ Traum« und sprach natürlich auch darüber. Für Forssman gibt es den Widerspruch der Thesen: wenig oder viel Design. Form follows Function sieht er als großes Missverständnis. Die Emotionen anzusprechen wäre ebenso wichtig. Lucius Burkhardt sagte »Design ist unsichtbar«. Und gutes Design wäre keine Frage der Quantität.
Er bezieht sich auf das Buch »Einfach« (2009 Merve Verlag) und die dort vertretenen Definitionen des Einfachen. Buchgestalter haben wenige Parameter der Buchgestaltung zu beachten. Wichtig ist, dass man die Aufgabe, die man erhält, reduziert. Eine Komplexitätsreduktion im Dialog wäre von Vorteil. Es gibt Beispiele, bei denen Tradition gegen Moderne kämpft. Forssman findet das sehr gut für die Situation der Gestaltung, wenn eine Dogmatik entwickelt wurde. Das »Ulmer Denken« ist noch immer stark präsent.
Der Bezug der Schrift und Typografie zur Entstehungszeit eines Textes ist nicht immer ideal, aber es wird nicht alles schlechter. Wir leben im goldenen Zeitalter der Gestaltung. Es gibt viele Quereinsteiger, die naiv nachmachen, am Anfang ihrer Karriere. Es werden aber auch andere wie Walter Pamminger aus Wien genannt, der mit ganz anderen Methoden an die Gestaltung herangeht.
Wir sind oftmals mehr von Zufällen als von unseren Leistungen abhängig. Forssman lenkt die Gedanken auf den Philosophen Odo Marquart: »Apologie des Zufälligen« (Reclam 1986). Und fragt, was für ein besonderes Wesen ein Gestalter ist. Wir fangen ja nicht bei Null an.
Eine Designtheorie ist schädlich, aber ein systematisches Vorgehen beim Gestalten ist unerlässlich. Eine wissenschaftliche Ausbildung ist eher selten bei Lehrern in der Gestaltung. Und Interdisziplinarität wäre manchmal so viel, dass die Disziplin keinen Platz mehr findet.
Viele interessante und gute Gedanken, leider etwas abschweifend. Und die Frage sei schon erlaubt, ob freie Vorträge das Richtige sind oder ob eine Disziplinierung zu einem Thema für die Zuhörer noch mehr bringen würde?
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»Ich liebe Dieter Rams. Er mich nicht.«
Das Geständnis einer unerwiderten Liebe stand am Anfang des Vortrags von Jochen Rädeker, der am 14. Februar 2012 im Gasteig in München stattfand. Die Gründer der Stuttgarter Designagentur Strichpunkt, Kirsten Dietz und Jochen Rädeker, haben für ihr Buch »Good Design is a Tough Job« zwanzig Statements mit Schwerpunkt Kommunikationsdesign entwickelt, zunächst ohne im Vordergrund stehendem Bezug zu Rams zehn Thesen für gutes Produktdesign.