Wippermann und der Trend
Wippermanns Vortrag basiert auf seinem Werte-Index, den man im Jahresprogramm 2012/2013 der tgm auf den Seiten 14 und 15 findet. Wippermann sprach sich für Vertrauen als wichtigste Grundlage einer guten Tätigkeit aus. Bei der Betrachtung des Wertewandels zwischen 1945 und 2000 kam der Referent schnell auf den heutigen Umgang mit Typografie zu sprechen: Was passiert momentan und wo? Welche Eigenheiten bestimmen das Leben? Der Tagesablauf ist in der Regel nicht mehr so strukturiert. Viele traditionelle Berufe gibt es heute nicht mehr und unsere Nachwuchskräfte gehen in zukünftige Berufe, die es heute noch nicht gibt.
Große Konzerne verschwinden bisweilen, und eine individuelle selbständige Arbeit ist oft die Folge. Dabei wird Freizeit durch ständige Verfügbarkeit reduziert. Doch die zur Verfügung stehende Zeit gilt als wichtiges Problem. Und es wäre wichtig, bei einem Freiheitsgefühl die Freiheit zu statt der Freiheit von etwas zu haben. Freiheit als überlegtes Handeln.
Die private Radikalität der Internetnutzung, die sich natürlich besonders bei der sehr jungen Generation zeigt, sieht die Informationsverarbeitung als völlig neue Möglichkeit. Fünfzehnjährige sind heute zu 97% im Internet anzutreffen und entsprechend werden neue Möglichkeiten im Netz breit genutzt. Die Nutzung von Büchern und Facebook halbiert sich mit dem Alter von 34 Jahren.
Die Werte der Beziehungen zwischen Macht, Menschen und Geld werden immer noch dichter. Am Beispiel des alten und neuen eBay-Logos erkennt man beispielsweise, dass eine Vereinfachung der Strukturen erfolgt ist. Die Verbindung zwischen Unterhaltungs-, Geschäftswelt und Geld im schon länger anhaltenden Strukturwandel macht einen Wertewandel nötig.
Einfachheit ging in der Werteskala zurück, weil vieles nicht mehr so einfach möglich ist, was dem schon lange ansetzenden Strukturwandel folgt. Ein Retro-Design sieht Wippermann als interessante Möglichkeit, die Handwerkskunst eine neue Tendenz zu geben. Doch auch recht ungewöhnliche Ereignisse erscheinen, die vielleicht eingeordnet werden wollen. Leere Schleckerregale werden als Kunst angeboten.
Die individuellen Turnschuhe von Nike mit dem Direktkontakt zum Nike-Server. Das Fuel Band überträgt alle Daten auf den Nike-Server. Der Familienbegriff als Patchwork, aber die Hälfte der Berliner Haushalte sind Singles. Zeitungen bemühen sich aus gegebenem Anlass (siehe auch Zeit Nr.48/2012) um eine neue Typografie auf Lesegeräten. Die immer noch geheim gehaltenen individuellen Einkünfte werden plötzlich diskutiert. Mode und Fitnesscenter spielen eine große Rolle, aber Fehltage am Arbeitsplatz aus psychologischen Gründen haben stark zugenommen. Wie entgeht man den allgemein erwünschten Optimierungsfallen?
In Freiheit lebt, wer handlungsfähig bleibt, meint Wippermann am Schluss und erwähnt auch noch, dass Schrift eine neue Bedeutung bekommen könnte. Wie wirkt sich das alles aus, was können Gestalter dafür/dagegen tun?
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Triebfedern des Handelns
Vor dem Ackerbau ging es den Menschen am Besten, sagt Julian Nida-Rümelin zu Beginn seines Vortrags. Es gab keine Aufwärtsentwicklung, was durch die Industrialisierung bestätigt wurde. Der technische Fortschritt führe zum Kapitalismus und zur Wettbewerbsgesellschaft. Der rein ökonomische Optimierungsgedanke führe nicht per se zu besseren Lebensbedingungen. Das Paradigma der Rationalität und der Verbesserung der Ergebnisse hat seine Grenzen. Wir müssen also kommunizieren, um erfolgreich zu sein.
Im Windschatten
Friedrich Forssman ging in seinem Vortrag auf das für diesen Vortrag ausgewählte Prinzip für gute Gestaltung von Dieter Rams ein: »Gutes Design ist so wenig Design wie möglich«. Er bewegte sich dann durch Theorien, was für manche Besucher etwas enttäuschend war, da man mit Forssman einen sehr konkreten und praktischen Typografen erwartete.
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