Wert des Designs / der Designer
Schon die klare typografische Form des Lesetextes mit seinen Marginalien ist viel versprechend und unterstützt den denkenden Designer. Theoretische, ökonomische, politische, philosophische und soziologische Fragen werden dabei miteinander verknüpft.
Die Basis des Buches ist der Begriff einer Wertigkeit, die in drei Hauptkapiteln abgehandelt wird:
I Selbstwert,
II Leistungs- und Nutzenwert,
III Kalkulationswert.
Zum Selbstwert
Der Gestaltungswettbewerb hat sich von Preis, Qualität und Gestaltung aus entwickelt, hat sich nach Meinung der Autoren dieses Buches weiterentwickelt zu einem Wettbewerb der Identitäten. Wozu Nachhaltigkeit, Ökologie, Ökonomie, Soziales und der Wandel geführt haben.
Der Begriff der Kreativität wird in Frage gestellt. Dazu wird auf den französischen Philosoph Gabriel de Tarde und sein 1908 erschienenes Werk „Die Gesetze der Nachahmung“ verwiesen (in deutsch 2003 erschienen). Erfindungen bestehen meistens aus bereits Vorhandenem. Damit erscheint das Neue mehr als kollektive Gesamtleistung. Designer greifen ja auch auf bereits Gesehenes, Geformtes, Gesagtes und Gedachtes zurück. Trotzdem liegt beim Gestalter Verantwortung und die „Haltung“ ist ganz wesentlich. Relevanz und Haltung können im Buch anhand von Fragen definiert werden. Wahrheitswert, Nützlichkeitswert und Schönheitswert gelten als Begriffe für das Zusammenleben und sind für Designer und ihre Leistung ziemlich wesentlich.
Der Selbstwert steht im Identitätswettbewerb an erster Stelle. Und der besteht aus dem Leistungswert, aus dem sich der Wert des Nutzens ermitteln lässt. Das Ganze ergibt einen Tauschwert. Fach- und Komplementär-Kompetenzen brauchen eigenständiges Denken, um zu beurteilen. Die soziale Kompetenz wird bedeutend, da Gestalter ja für »viele« arbeiten. Und auch Kooperationen können außerhalb eines Konkurrenzdenkens mehr bewirken.
Zum Leistungs- und Nutzenwert
Designer wissen oft wenig über andere Designer, da sie vor allem auf deren Leistung (Artefakte) schauen. Mit-Wettbewerber bewerten kann aber hilfreich sein. In diesem Zusammenhang werden auch die verschiedenen Designverbände und deren Nutzen kritisch beschrieben. Noch kritischer gehen die Autoren mit den Design-Awards um; Als »inflationäre Entwicklung«, die häufig mehr dem Veranstalter als den Teilnehmenden nützen.
Sorge macht vor allem die Situation, dass Gestalter, die ihre Karriere beginnen, zu jedem Preis oder auch zu keinem Arbeiten übernehmen. Aus diesem Ausbeutungssystem kommt man schwer wieder raus.
Die andere Sorge ist die, dass Gestalter, entgegen ihrer Kenntnisse, dem Auftraggeber in allem zustimmen, selbst wenn sie es besser wissen. Hier würde die gestalterische Beratung nicht stattfinden und der Designer würde zum Ausführungsgehilfen.
Crowdworking und Pitchs werden als Illusion dargestellt. Was so neu und vermeintlich revolutionär allgemein dargestellt wird, ist in Wirklichkeit eine neue Form von Heimarbeit und Ausbeutung. Und Qualität bleibt dabei auf der Strecke. Außerdem tummeln sich hierbei eine große Zahl an Nichtdesignern, auch sogar Nichtskönnern.
Pitchs gibt es schon lange. Doch liegen »die Ergebnisse fast immer weit unter den Möglichkeiten liegen, weil die Ressourcen selten otimal genutzt werden«. Und es scheitert ja häufig bereits beim Briefing. Pitchs sind in jedem Fall teuer (im Zweifel für den Teilnehmenden). Und »der Auftraggeber muß Designkompetenz besitzen«.
Das Unterkapitel »Preismanagement« ist für die Leser des Buches besonders interessant. Dabei geht es, bezogen auf den Betriebswirtschaftslehrer Hermann Simon, schon einmal um
Wert schaffen,
Wert kommunizieren und
Wert erhalten.
Das heißt, dass der geschaffene Wert nicht ausreicht, er muß auch kommuniziert werden. Der Wert sollte Eigenschaften besitzen, die Nutzen stiften. Viele Entwürfe gleichzeitig mindern das Ansehens des Werts. Für die Akquise wäre ein Katalog der Notwendigkeiten, die ein Kunde haben sollte, aufzustellen. Hier folgen praktische Hinweise für den Umgang mit Auftraggebern. Gestaltungsleistung bringt weniger Honorar als Beratungsleistung, weswegen der beratende Anteil so wichtig ist.
Zum Kalkulationswert
Hier werden die Hintergründe einer sauberen Kostenrechnung erklärt. Eine Fünf-Schritte-Kalkulation für Designer wird erklärt. Und speziell für Kommunikationsdesigner wird beschrieben, wie Kalkulation in diesem Bereich geht. Was sind die möglichen Kosten, gibt es eine möglichst genaue eigene Kostenerfassung, verschiedene Typen von Zeiteinheiten für verschiedene Auftraggeber, wie geht man mit Beratungs- und Planungsleistungen um.
Diese Beispiele werden auch für Objekte, Umwelt und Systeme durchgeführt.
Den Schluß des äußerst empfehlenswerten Bandes bilden lesenswerte Interviews, unter anderen mit Florian Pfeffer, Renè Spitz oder Uli Mayer-Erlhoff. Selbstverständlich auch mit Erik Spiekermann.
Joachim Kobuss, Alexander Bretz:
Erfolgreich als Designer.
Designleistungen bewerten und kalkulieren
349 Seiten
Birkhäuser, Basel 2017
ISBN 3–03821–991–0
40 Euro
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