typographische
zitate
Typo­grafie ist eine mit der Schrifttype prak­ti­zierte Methode der Kommu­ni­kation.
Kurt Weidemann

Typographische
Gesellschaft
München e. V.

Goethe­straße 28 Rgb.
80336 München

info@tgm-online.de
089.7 14 73 33

Buchbesprechung

Wert des Designs / der Designer

Rudolf Paulus Gorbach
30. Oktober 2017
»Erfolgreich als Designer« ist ein Versprechen, das nach sehr viel klingt und als Ratgeber wahr­scheinlich wenig einbringt. So aber nicht in diesem Buch. Es handelt sich um ein Kompendium, das dicht geschrieben ist und tatsächlich viel Inhalt bringt.

Schon die klare typo­gra­fische Form des Lese­textes mit seinen Margi­nalien ist viel versprechend und unter­stützt den denkenden Designer. Theo­re­tische, ökono­mische, poli­tische, philo­so­phische und sozio­lo­gische Fragen werden dabei miteinander verknüpft.

Die Basis des Buches ist der Begriff einer Wertigkeit, die in drei Haupt­ka­piteln abge­handelt wird:
I Selbstwert,
II Leistungs- und Nutzenwert,
III Kalku­la­ti­onswert.

Zum Selbstwert

Der Gestal­tungs­wett­bewerb hat sich von Preis, Qualität und Gestaltung aus entwickelt, hat sich nach Meinung der Autoren dieses Buches weiter­ent­wickelt zu einem Wett­bewerb der Iden­titäten. Wozu Nach­hal­tigkeit, Ökologie, Ökonomie, Soziales und der Wandel geführt haben.

Der Begriff der Krea­tivität wird in Frage gestellt. Dazu wird auf den fran­zö­sischen Philosoph Gabriel de Tarde und sein 1908 erschienenes Werk „Die Gesetze der Nach­ahmung“ verwiesen (in deutsch  2003 erschienen). Erfin­dungen bestehen meistens aus bereits Vorhandenem. Damit erscheint das Neue mehr als kollektive Gesamt­leistung. Designer greifen ja auch auf bereits Gesehenes, Geformtes, Gesagtes und Gedachtes zurück. Trotzdem liegt beim Gestalter Verant­wortung und die „Haltung“ ist ganz wesentlich. Relevanz und Haltung können im Buch anhand von Fragen definiert werden. Wahr­heitswert, Nütz­lich­keitswert und Schön­heitswert gelten als Begriffe für das Zusam­menleben und sind für Designer und ihre Leistung ziemlich wesentlich.

Der Selbstwert steht im Iden­ti­täts­wett­bewerb an erster Stelle. Und der besteht aus dem Leis­tungswert, aus dem sich der Wert des Nutzens ermitteln lässt. Das Ganze ergibt einen Tauschwert. Fach- und Komple­mentär-Kompe­tenzen brauchen eigen­ständiges Denken, um zu beur­teilen. Die soziale Kompetenz wird bedeutend, da Gestalter ja für »viele« arbeiten. Und auch Koope­ra­tionen können außerhalb eines Konkur­renz­denkens mehr bewirken.

Zum Leistungs- und Nutzenwert

Designer wissen oft wenig über andere Designer, da sie vor allem auf deren Leistung (Artefakte) schauen. Mit-Wett­be­werber bewerten kann aber hilfreich sein. In diesem Zusam­menhang werden auch die verschiedenen Desi­gnverbände und deren Nutzen kritisch beschrieben. Noch kritischer gehen die Autoren mit den Design-Awards um; Als »infla­tionäre Entwicklung«, die häufig mehr dem Veran­stalter als den Teil­neh­menden nützen.

Sorge macht vor allem die Situation, dass Gestalter, die ihre Karriere beginnen, zu jedem Preis oder auch zu keinem Arbeiten über­nehmen. Aus diesem Ausbeu­tungs­system kommt man schwer wieder raus.

Die andere Sorge ist die, dass Gestalter, entgegen ihrer Kenntnisse, dem Auftraggeber in allem zustimmen, selbst wenn sie es besser wissen. Hier würde die gestal­te­rische Beratung nicht statt­finden und der Designer würde zum Ausfüh­rungs­ge­hilfen.

Crowd­working und Pitchs werden als Illusion darge­stellt. Was so neu und vermeintlich revo­lu­tionär allgemein darge­stellt wird, ist in Wirk­lichkeit eine neue Form von Heim­arbeit und Ausbeutung. Und Qualität bleibt dabei auf der Strecke. Außerdem tummeln sich hierbei eine große Zahl an Nicht­de­signern, auch sogar Nichts­könnern.

Pitchs gibt es schon lange. Doch liegen »die Ergebnisse fast immer weit unter den Möglich­keiten liegen, weil die Ressourcen selten otimal genutzt werden«. Und es scheitert ja häufig bereits beim Briefing. Pitchs sind in jedem Fall teuer (im Zweifel für den Teil­neh­menden). Und »der Auftraggeber muß Desi­gnkom­petenz besitzen«.

Das Unter­kapitel »Preis­ma­na­gement« ist für die Leser des Buches besonders inter­essant. Dabei geht es, bezogen auf den Betriebs­wirt­schafts­lehrer Hermann Simon, schon einmal um
Wert schaffen,
Wert kommu­ni­zieren und
Wert erhalten.
Das heißt, dass der geschaffene Wert nicht ausreicht, er muß auch kommu­niziert werden. Der Wert sollte Eigen­schaften besitzen, die Nutzen stiften. Viele Entwürfe gleich­zeitig mindern das Ansehens des Werts. Für die Akquise wäre ein Katalog der Notwen­dig­keiten, die ein Kunde haben sollte, aufzu­stellen. Hier folgen prak­tische Hinweise für den Umgang mit Auftrag­gebern. Gestal­tungs­leistung bringt weniger Honorar als Bera­tungs­leistung, weswegen der beratende Anteil so wichtig ist.

Zum Kalku­la­ti­onswert

Hier werden die Hinter­gründe einer sauberen Kosten­rechnung erklärt. Eine Fünf-Schritte-Kalku­lation für Designer wird erklärt. Und speziell für Kommu­ni­ka­ti­ons­de­signer wird beschrieben, wie Kalku­lation in diesem Bereich geht. Was sind die möglichen Kosten, gibt es eine möglichst genaue eigene Kosten­er­fassung, verschiedene Typen von Zeit­ein­heiten für verschiedene Auftraggeber, wie geht man mit Beratungs- und Planungs­leis­tungen um.
Diese Beispiele werden auch für Objekte, Umwelt und Systeme durch­geführt.

Den Schluß des äußerst empfeh­lens­werten Bandes bilden lesenswerte Interviews, unter anderen mit Florian Pfeffer, Renè Spitz oder Uli Mayer-Erlhoff. Selbst­ver­ständlich auch mit Erik Spie­kermann.

Joachim Kobuss, Alexander Bretz:
Erfolgreich als Designer.
Desi­gnleis­tungen bewerten und kalku­lieren

349 Seiten
Birk­häuser, Basel 2017
ISBN 3–03821–991–0
40 Euro

Weitere Blogbeiträge, die Sie interessieren könnten

Buchbesprechung

Beratung statt schnell mal schön?

Rudolf Paulus Gorbach

Das Buch hat bereits zu erheb­lichen Diskus­sionen geführt. Aber von vorne: Beim Verlag Schmidt in Mainz erschien ein Ratgeber mit dem Titel »Design ist mehr als schnell mal schön«. Die Autorin, Maren Mart­schenko, ist Marken­be­raterin, Diplom­kauffrau und Orga­ni­sa­ti­ons­psy­chologin. Ihr Anliegen ist, dass Kommu­ni­ka­ti­ons­de­si­g­ne­rinnen gleich­zeitig ihre Kunden beraten sollen.

Buchbesprechung

Nach­haltig drucken – Gestaltung umwelt­ge­rechter Druck­projekte

Matthias Hauer

Nach­haltig drucken beginnt lange vor der Auswahl von Bedruckstoff und Druckerei. Nach­haltig drucken bedeutet mehr als Ökozer­ti­fikate. Nach­hal­tigkeit ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Nach­hal­tigkeit ist ein ambi­va­lentes Ansinnen, ein Streben, für das es wider­sprüchliche Lösungs­ansätze gibt. Nach­hal­tigkeit ist aber eben auch das Gebot der Stunde. Unsere Aufgabe als Kreative mit Zukunft. (Verlag)

Buchbesprechung

Damit Gestaltung gelingt, muss sie gut orga­nisiert sein

Rudolf Paulus Gorbach

Wenn man zu den »Kreativen« gehört, hat man fast immer einen sehr schönen Beruf gefunden und erlernt. Leider fällt es manchen schwer, ihre Krea­tivität zu orga­ni­sieren und zu planen. UmDamit das nicht so bleiben muss, hat Katrin Niesen aus ihrer profes­si­o­nellen Karriere heraus (Verpa­ckungs-Design) eine Anleitung geschrieben, »damit Krea­tivität gewinnt und sich auszahlt«, verkündet sie als Untertitel des Buches.