Pionier der Infografik
Seine Bilder belehren und informieren, Biologie und Pathologie werden so dargestellt, dass sie fast jeder versteht (so Heller in seinem Vorwort). Analoge Vergleiche dominierten, er verwendete Fotocollagen, Gemälde, Zeichnungen, Comics, aber auch dadaistische und surrealistische Stilelemente. Es gab Verbindungen zu Herbert Bayer oder Walter Gropius, eine moderne Aufklärung stand wohl im Vordergrund.
In der 1922 begonnenen fünfteiligen Buchreihe »Das Leben des Menschen« lässt er die meisten Abbildungen und Zusammenhänge von der Grafikabteilung mit Hilfe einiger Wissenschaftsmaler, Grafiker und Architekten neu gestalten. Es entstehen »plastische« Bilder. Menschliche Figuren steuern Prozesse, was ein analoges Verständnis komplizierter Zusammenhänge ermöglicht.
In Kahns Arbeiten dominiert eindeutig das Bild. Neue Perspektiven sollen aufgezeigt werden, aber auch Sinn oder gar Trost. Nach 1933 musste Kahn emigrieren, ging nach Palästina und engagierte sich dort erneut mit seinem Atelier Hayad. Dass einige Bilder Kahns von der Franckh’schen Verlagshandlung dennoch weiter verwendet werden konnten, steht auf einem anderen Blatt und hat mit der NS-freundlichen Haltung des Verlags zu tun.
In den USA, wo Kahn später lebte, entwarf und realisierte er zusammen mit dem Verpackungsunternehmer Paul Steiner großformatige Arbeiten. In dieser Zeit, in den 60er Jahren, änderte sich auch der grafische Stil, da nüchterner denkende Art Direktoren auf den Plan traten.
Das großformatige Buch zeigt die Illustrationen recht groß und in ungestörter Seitenruhe, angenehm knapp kommentiert. Und es gibt Einblick in eine wichtige Entwicklung der heutigen Infografik, soweit sie nicht zu abstrakt arbeitet.
Uta and Thilo von Debschitz
Fritz Kahn
Vorwort von Steven Heller
Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch
Hardcover
250 × 317 mm
392 Seiten
350 Illustrationen
ISBN 978–3–8365–4840–3
Taschen Verlag, Köln 2013
39,99 €
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