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Die Typo­grafie ist eine spröde Geliebte, doch wer sich ernsthaft um sie bemüht, dem wird sie ihre ganze Schönheit offenbaren.
Günter Gerhard Lange

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Buchbesprechung

Pionier der Infografik

Rudolf Paulus Gorbach
9. Dezember 2013
Fritz Kahn (1888 bis 1968) war ein deutscher Natur­wis­sen­schaftler, Gynä­kologe und Schrift­steller, der in seiner Zeit umfang­reiche Werke beispielsweise zum Leben des Menschens anschaulich gestaltete.

Seine Bilder belehren und infor­mieren, Biologie und Pathologie werden so darge­stellt, dass sie fast jeder versteht (so Heller in seinem Vorwort). Analoge Vergleiche domi­nierten, er verwendete Foto­collagen, Gemälde, Zeich­nungen, Comics, aber auch dada­is­tische und surre­a­lis­tische Stil­elemente. Es gab Verbin­dungen zu Herbert Bayer oder Walter Gropius, eine moderne Aufklärung stand wohl im Vordergrund.

In der 1922 begonnenen fünf­teiligen Buchreihe »Das Leben des Menschen« lässt er die meisten Abbil­dungen und Zusam­menhänge von der Grafi­k­ab­teilung mit Hilfe einiger Wissen­schaftsmaler, Grafiker und Archi­tekten neu gestalten. Es entstehen »plas­tische« Bilder. Menschliche Figuren steuern Prozesse, was ein analoges Verständnis kompli­zierter Zusam­menhänge ermöglicht.

In Kahns Arbeiten dominiert eindeutig das Bild. Neue Perspektiven sollen aufgezeigt werden, aber auch Sinn oder gar Trost. Nach 1933 musste Kahn emigrieren, ging nach Palästina und enga­gierte sich dort erneut mit seinem Atelier Hayad. Dass einige Bilder Kahns von der Franck­h’schen Verlags­handlung dennoch weiter verwendet werden konnten, steht auf einem anderen Blatt und hat mit der NS-freund­lichen Haltung des Verlags zu tun.

In den USA, wo Kahn später lebte, entwarf und reali­sierte er zusammen mit dem Verpa­ckungs­un­ter­nehmer Paul Steiner groß­for­matige Arbeiten. In dieser Zeit, in den 60er Jahren, änderte sich auch der grafische Stil, da nüch­terner denkende Art Direktoren auf den Plan traten.

Das groß­for­matige Buch zeigt die Illus­tra­tionen recht groß und in unge­störter Seitenruhe, angenehm knapp kommentiert. Und es gibt Einblick in eine wichtige Entwicklung der heutigen Info­grafik, soweit sie nicht zu abstrakt arbeitet.

Uta and Thilo von Debschitz
Fritz Kahn
Vorwort von Steven Heller
Mehr­sprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Fran­zösisch
Hardcover
250 × 317 mm
392 Seiten
350 Illus­tra­tionen
ISBN 978–3–8365–4840–3
Taschen Verlag, Köln 2013
39,99 €

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