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Ich sehe Schrift nicht nur, ich erlebe etwas mit Schrift.
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Menschen

Horst Moser fragt Olaf Leu

Rudolf Paulus Gorbach
15. Mai 2023
Es war eine gute Idee von Horst Moser, Olaf Leu im Gespräch zu befragen, obwohl es im Titel »Interview« hieß. Olaf Leu war in der Vergan­genheit der tgm gut präsent. Deswegen ist dieses Fazit von besonderem Wert und darüber hinaus ein span­nender geschicht­licher Rückblick. Der fand vor einem tgm-Publikum im Juni 2022 in München statt. Und daraus ist nun eine Doku­mention des Gesprächs entstanden.

Anhand der Biografie und vor allem der Arbeiten von Olaf Leu darf man einiges erwarten. Die überaus kennt­nis­reiche Gesprächs­führung von Horst Moser war jedoch für das gute Gelingen ganz entscheidend. Moser stellt Zeit­ge­nossen der Gestaltung gegenüber wie jene, die das moderne Zeit­schrif­ten­design nach Amerika gebracht haben: Mehemed Fehmy Agha, Alexey Brodovitch und Alexander Liberman. Die Schrift­ent­werfer Paul Renner, Jan Tschichold, Hermann Zapf, Adrian Frutiger, Kurt Weidemann, Günter Gerhard Lange und Herbert Bayer. Und aus den 60er Jahren: Willy Fleckhaus, Heinz Edelmann und Otl Aicher. Die ameri­ka­nischen Gestalter: Milton Glaser, Herb Lubalin und Lou Dorfsman. Leu erzählt von seinem Beginn nach 1945 und dass er die großen Vorbilder suchte. Und gleich kommt auch seine Verwun­derung darüber, dass man heute so viele neue Schriften entwirft, die man doch kaum braucht.

Nach einer Schrift­set­zerlehre in Ulm kam Leu zur Bauerschen Gießerei nach Frankfurt und begann bereits als 19jähriger mit dem Entwurf von Einla­dungs­karten für Veran­stal­tungen. Er beschäftigte sich bereits mit dem Erschei­nungsbild des Hauses, was heute Corporate Design heißt. Und es begann eine weltweite Karriere, indem er in Ausstel­lungen und Vorträgen seine Arbeiten und die von vielen anderen Gestaltern zeigte und kommen­tierte.

Olaf Leu gestaltete für Schriften der Bauerschen Gießerei viele Anwen­dungs­bei­spiele. Unter anderem sagte er: »Ich kam just in der Folio-Entste­hungszeit in das künst­le­rische Atelier. Die Folio war ein haus­eigener Partisan gegen die Mutterkuh Futura. Natürlich auch eine Schrift gegen die Akzidenz Grotesk. Oder die Univers, das heißt eine gemilderte, weichere Grotesk­schrift. Das war die Folio. Sie wurde auch ausgebaut in verschiedenen Schnitten. Und ich hatte die Aufgabe, diese schma­lfette Garnitur in der so bekannt gewordenen Folio-Mappe zu gestalten. Ich habe hier bildhafte Typo­grafie, noch ohne ameri­ka­nisches Vorbild eingesetzt. …«

Über Werbung sprach Leu zwar kritisch, obwohl seine Fach­werbung für die Bauersche oder die Farben­fabrik Gebr. Schmidt oder die Papier­fabrik Zanders legendär sind. »… ich bin ein Traum­tänzer zwischen einem Grafik­de­signer, Art Director und einem Werber. Einige Kollegen haben gesagt, der Olaf ist im Grunde genommen ein glän­zender Werber, und ich bekenne mich auch dazu. Für mich war erstens der Text, die Sprache, wahn­sinnig wichtig. Ich finde gute Texte sehr viel wichtiger als Schrift …«.

Horst Moser kam auch auf Leu’s Schrift »Centenial« zu sprechen und nannte gegen­über­stellend Eigen­schaften dieser Schrift, die im Gegensatz zur »Corporate« von Kurt Weidemann kein so großer Erfolg wurde. Die Begründung von Leu, dass die Corporate  »mit ihren drei Schrift­stilen … unter dem Protektorat des bestim­menden Vorstands­vor­sit­zenden von Daimler-Benz per Diktat vorge­schrieben wurde« und die Centenial eben »in ihrer Anwendung limitert wäre«. 

Leu spielte für die Bekanntheit großer Ameri­ka­nischer Typo­grafen und ihrer Arbeit für Deut­schland eine wichtige Vermitt­lungsrolle. Er war auch schon relativ früh Mitglied des Type Directors Club (den er nach West­deut­schland brachte) und des ADC. Über »die neue ameri­ka­nische Schule« hielt er zahl­reiche Vorträge, war selbst begeistert davon und vor allem von den Arbeiten Herb Lubalins.  

Horst Moser sucht in dem Gespräch nach einem Stil Olaf Leus. Wozu Leu meinte, dass er ihn nicht finden könne, da er so viele Quellen habe. Und das gipfelte in der Aussage: »Ich war nie original, aber immer originell«. Doch kommt häufig seine kollegiale Haltung zu Textern oder Foto­grafen zur Geltung.

Natürlich nutzte Leu auch die technisch bedingten Moden, wie sie durch den aufkom­menden Fotosatz beispielsweise als zusam­men­ge­klebte Buch­staben schon in den frühen sechziger Jahren zu sehen waren. Horst Moser stellt durch seine Fragen immer wieder den Kontakt zu Zeit­ge­nossen her, wobei Leu darauf ziemlich frei und unge­filtert berichtet, was bisweilen auch sehr amüsant ist. Nicht vergessen werden darf Leus Rolle bei der Gestaltung von Geschäfts­be­richten. Er war wissen­schaft­licher Leiter eines Prüfteams, das beim »manager- magazin« ange­siedelt war und wurde schließlich eine »Autorität« im Bereich von Geschäfts­be­richten, der man gerne zuhörte. 

Neben seinen gestal­te­rischen Arbeiten hat Olaf Leu Beiträge für Fach­ma­gazine geschrieben, Vorträge gehalten und auch gelehrt. Das bedeutet auch erheb­lichen Einfluss auf die Gestaltung der Zukunft zu nehmen. Ich erinnere mich an Vorträge der sechziger Jahre. Damals fand ich als Buch­her­steller die visuelle Werbewelt, wie sie mir durch Olaf Leu (aber auch schon durch den Druck­spiegel-Redakteur Kurt Weidemann und Günter Gerhard Lange, der zu meinem ersten Semester in Berlin die »Frontstadt« bereits verlassen hatte) nahe kam, ziemlich großartig.
Weitere Beiträge zu Leu sind in dieser Doku­men­tation .

Olaf Leu
Das Letzte Interview
Ein Gespräch mit dem Ehren­mitglied der Typo­gra­phischen Gesell­schaft München
über sein Lebenswerk mit Horst Moser. 
Ausge­wählte Arbeits­bei­spiele aus fünf Jahr­zehnten
illus­trieren das Gespräch.
Privatdruck heraus­gegeben von der ›Sammlung Moser‹
(mit dem ›Archiv Olaf Leu‹), München, 2023
208 Seiten
Broschur
Zu beziehen aussch­ließlich bei hmoser@in­de­pendent-medien-design.de
25 Euro + Porto

Horst Moser hat zum Gespräch zahlreiche Arbeiten, auch von Zeitgenossen Olaf Leus, hinzugefügt. So entsteht eine kleine typografische Zeitgeschichte.

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Horst Moser

Olaf Leu war Chairman des Type Directors Club of New York. Er wurde für seine gestal­te­rischen Arbeiten – neben zwei »Special Citations« 1984 und 1990 – mit 60 TDC-Awards of excellence prämiert. Anläßlich des 75-jährigen TDC-Jubiläums sprach Horst Moser mit Olaf Leu.

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Horst Moser

Olaf Leu wird 85. Ein Schrift­setzer, Designer, Typograf, Professor, Autor und gefragtes Jury­mitglied. Als einer der wenigen Werber machte er sich auch in den USA einen Namen. Kurz: »Typo-Papst« und natürlich tgm-Ehren­mitglied. Es ist nicht einfach, Leus umfang­reiches Wirken in einem kurzen Beitrag zu würdigen. Wir lassen daher zuerst zwei große Koryphäen zu Wort kommen.

Olaf Leu beim letzten Interview
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