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Event

Designer der Zukunft. Eine These von Michael Hardt

Rudolf Paulus Gorbach
30. Juli 2012
Michael Hardt kritisiert in seinem Vortrag das heutige Desi­gnver­ständnis, das Massen­konsum fördert und geplante Obso­leszenz unter­stützt. Er fordert einen Wandel hin zu einem ethi­scheren, prozes­s­o­ri­en­tierten Design als zentrale Disziplin des 21. Jahr­hunderts, um Heraus­for­de­rungen wie Bevöl­ke­rungs­wachstum, Ressour­cen­knappheit und Klima­wandel zu begegnen.

Vorprogramm Schrift: Moritz Essers Slab-Schrift »Nautinger« ist eine Abschluss­arbeit aus dem Jahr 2009. In seinem Entwurfs­prozess hat Esser die Ziehfeder als Geschichte des Schreibens erwähnt. Er hat gezeichnet, die Zeich­nungen in Illus­trator über­tragen, gescannt und erst dann digital bear­beitet. Er legt Wert auf ein sorg­fältiges Kerning, in seiner schrägen Seri­fen­be­tonten gibt es schöne Bogen­einläufe und als Text­schrift ist sie gut lesbar. Sollte man mal auspro­bieren.

Michael Hardt beginnt seinen Vortrag mit einem schönen Papaneck-Zitat: »Es gibt Berufe die schäd­licher sind als Industrial Design, aber nur sehr wenige. Nur ein Beruf ist mögli­cherweise noch verlogener. Das viel­leicht verlo­genste Feld das es heute gibt ist Werbe­design: Indem es Leute dazu verführt sich mit Geld, das sie nicht haben, Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen, um andere zu beein­drucken, denen dies egal ist«.

Worum geht es im Design? Es geht um Bevöl­ke­rungs­wachstum, Ressourcen, Klima­wandel, Ressour­cen­schonung, Konsum und Lebens­qualität. Intel­li­gentere Designer seien gefragt und Hardt sieht einen ganz anderen Designer als zentralen Beruf des 21. Das heutige Desi­gnver­ständnis befeuere den sinnlosen Massen­konsum. Und alles wird geplant kaputt gemacht, indem die Lebensdauer der Produkte künstlich verkürzt wird. Die Häss­lichkeit wird geplant und

Designer gestalten den schönsten Müll der Welt. Und ethisch blind ist das Marketing sowieso. Dabei sollte und muss Design Teil der Lösung sein; nicht Verschö­nerung, sondern Prozess.

Design ist Navi­gation, und das meint Hardt wörtlich. Wo man steht, woher man kommt, wohin man will, wie man dorthin kommt, wann man dort sein wird und was einen davon abhalten könnte.

Er beschreibt die Trendwende der 70er Jahre und prognos­tiziert eine Trendwende heute. Kondratschew lässt freundlich grüßen. Einen Beweis für diese Trendwende, die vor allem den Designer betreffen soll, kann Hardt allerdings nicht liefern. Aber sein Plan Gebrauch statt Ver-brauch klingt plausibel. Nach­hal­tigkeit soll an die Stelle von Verschwendung treten. Und das Künstliche soll sich am Natür­lichen orien­tieren.

In Hardts Idea­l­vor­stellung entwirft der Designer in Zukunft Dinge, die der ehemalige Kunde, jetzt sozusagen der Desi­gnnehmer, annimmt. Der Designer weiß dann, was, wo und wie gebraucht wird.

Seite 48 aus Hardts Vortrag (Abbildung nachträglich hochgerechnet)

Nachspiel: Michael Hardt hielt am nächsten Tag ein Seminar für die tgm zu diesem Thema. Ich kann darüber nicht berichten. Aber ein paar Wochen später war ich zu einer Besprechung der Gestalter bei Kochan & Partner eingeladen, in dem sowohl der Vortrag als auch das Seminar sehr eindrü­cklich wieder­gegeben wurde. Die Diskussion verlief – wie schon nach dem tgm-Vortrag – äußerst konträr. Die neue Rolle des Designers konnte sich in der Praxis kaum einer der Designer oder eine der Desi­g­ne­rinnen vorstellen.

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