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Gute Typo­grafie erklärt den Inhalt, nicht den Gestalter.
Kurt Weidemann

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Event

Bildsprache – ein Workshop in Fragen

Simone Naumann
Dagmar Martin
3. Dezember 2012
Stun­denlang könnte man über ein Bild disku­tieren. Ist es zufällig entstanden oder wurde jedes Element bewusst durch den Foto­grafen eingesetzt oder arrangiert? Sehen wir als Betrachter überhaupt die Infor­mation, die der Fotograf vermitteln möchte? Wie betrachten wir Bilder, wie nehmen wir Infor­ma­tionen auf? Viele Fragen für ein Bild.

Und genau darum ging es im Workshop Bild­sprache »Part Zwei« – Bilder quali­fiziert beur­teilen mit Martin Summ und Dominik Parzinger.

Als ich, leider mit Verspätung, zum Workshop stieß, tummelten sich bereits acht Teil­nehmer in verschiedenen Ecken des Raumes und hantierten mit einem Hammer! Hatte ich mich in der Tür geirrt, und war das ein Grundkurs für häus­liches Hand­werken?

Doch eher unwahr­scheinlich unter dem Dach der Media­design Hoch­schule München. Sie werden es ahnen, der Hammer war hier kein Werkzeug, er war Objekt. Natürlich ging es um einen foto­gra­fischen Prozess, sich den kompletten Vorgang vom Konzept, über die Bildidee bis hin zur fertigen Aufnahme vor Augen zu führen und ihn dann Schritt für Schritt umzu­setzen. Am Ende stand die gemeinsame Beur­teilung, konstruktive und kritische Fragen der beiden Work­shopleiter sollten den Denk­prozess sehr anregen. Entspricht die Aufnahme, das Endprodukt wirklich der ursprüng­lichen Bildidee? Ist das Foto Zufall oder entspricht es der Skizze, die vorab gemacht wurde? Wie wurde vorge­gangen und wie kann dieses Foto z.B. einem Kunden erklärt werden? Viele der Aufnahmen wichen vom ursprüng­lichen Ansatz ab. Knall­hartes Fazit der Dozenten: Die typische Fotofalle! Erst eine Skizze machen und sich dann verlaufen. Am Ende kommt kein Bild von einem Hammer raus aber ein »Hammer Bild«.

Wozu braucht man Bilder?

War die nächste Frage, die es zu klären galt. Es folgte eine gemeinsame, intensive Diskussion. Welche Eigen­schaften gehören zur Infor­ma­tionen und wer sieht sich eher auf der Seite der Emotion. In Gedanken geht man schon sein komplettes Foto­archiv durch. Wo ordnet man was wirklich ein und warum wurde so und nicht anders aufge­nommen? Wer kennt das nicht: Gefangen in dem Moment der Aufnahme sehen wir mitunter eine völlige andere Geschichte als später der Betrachter.

Du siehst was du denkst!

Nie ist es möglich, eine Aufnahme neutral und losgelöst von den eigenen Gedanken zu betrachten. Immer spielen unsere Kenntnisse und Emotionen eine bedeutende Rolle. Was inter­pretiert man in ein Bild hinein? Wie viel Infor­mation braucht ein Bild, um die richtige Antwort zu geben? Diese Diskussion führten wir anhand von Porträt­auf­nahmen. Alle abge­bildeten Personen wurde in gleicher Position, in gleichem Umfeld aufge­nommen. In den Aufnahmen waren auf dem ersten Blick sehr wenige Infor­ma­tionen vorhanden. Wer von ihnen fährt einen Mercedes? Wer hat eine Miet­wohnung? Wer ist dir sympa­thisch oder unsym­pa­thisch? Wir suchten und suchten, disku­tierten über Infor­ma­tionen, Anhalts­punkte unserer eigenen Wahr­nehmung, und was wir glauben zu wissen, weil wir es nicht anders kennen.

Am zweiten Tag Feedback und schon war es wieder da, das Unwort des Wochenendes: die Fotofalle. Und mit ihr eine Fülle an theoretischen Überlegungen. Grundlagen der theoretischen Basis dieses Tages waren folgende Überlegungen: Der Fotograf bestimmt den Bildinhalt, seine Kamera ist das Werkzeug. Und dennoch kann der Betrachter eine völlig andere Bildaussage als der Fotograf sehen. Was braucht man für ein Foto: Kamera, Motiv, eine Idee bzw. eine Absicht? Eine Matrix mit vier Elementen war das Werkzeug der nächsten Stunden.

Bilder wurden nun nach folgenden Kriterien geordnet:

  • Material für die Kunst des Fotografen
  • Wie bin ich?
  • Wie möchte ich gesehen werden?
  • Wie sieht mich der Fotograf?

Das ging nicht ohne Diskus­sionen über die Bühne, sehr lange Diskus­sionen. Die zentrale Frage dabei war, wann ist ein Bild ein Bild? Ist es nur ein Abbild eines Gegen­standes oder macht der Fotograf es zum Bild? Mit Infor­ma­tionen werden Emotionen in ein Bild gegeben. Wir disku­tierten über ein Stillleben. Zwei Vasen. Was ist die Kunst des Foto­grafen? Wenn er sein eigenes foto­gra­fisches und künst­le­risches Talent in ein Bild hineinlegt? Das Objekt mit besonderem Licht betont oder aus einem ganz bestimmten Blick­winkel das Objekt aufnimmt?

Häufig erhalten wir Bild­in­for­ma­tionen über einen bekannten Kontext. Der Kontext kann im Bild stecken, im Objekt selbst, oder es sind unsere Erfah­rungen unser Wissen, unsere Gewohn­heiten.
Wir versuchten nun unsere mitge­brachten Bilder in diese Matrix einzu­ordnen. Fragen wie: »Was war dir hier wichtig?«, »Was hast du gesehen?«, »Warum hast du so und nicht anders foto­grafiert?«, wurden intensiv und angeregt diskutiert.

Die Matrix war etabliert und wird uns in Zukunft vermehrt beschäftigen. Damit wieder zurück zum Hammer. Die Aufgabe lautete: sucht einen Platz auf der Matrix, plant die Form der Aufnahme und setzte sie um. Und, et voila, die meisten Aufnahmen entsprachen danach tatsächlich der vorherigen Planung. Geht doch! Dominik und Martin haben uns mit Geduld und Beharr­lichkeit sehr viel vermittelt. Die umfang­reiche Theorie wurde in vielen Diskus­sionen wiederholt und vertieft.

Ein Bild muss in dem Kontext, in dem du dieses Bild setzt, bestehen können. Es muss tatsächlich die Geschichte erzählen, die darzu­stellen beab­sichtigt war.

Diese Erkenntnis nehme ich mit in meinen Arbeit­s­alltag, nun hängt der Hammer ;-)

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