Bildsprache – ein Workshop in Fragen
Und genau darum ging es im Workshop Bildsprache »Part Zwei« – Bilder qualifiziert beurteilen mit Martin Summ und Dominik Parzinger.
Als ich, leider mit Verspätung, zum Workshop stieß, tummelten sich bereits acht Teilnehmer in verschiedenen Ecken des Raumes und hantierten mit einem Hammer! Hatte ich mich in der Tür geirrt, und war das ein Grundkurs für häusliches Handwerken?
Doch eher unwahrscheinlich unter dem Dach der Mediadesign Hochschule München. Sie werden es ahnen, der Hammer war hier kein Werkzeug, er war Objekt. Natürlich ging es um einen fotografischen Prozess, sich den kompletten Vorgang vom Konzept, über die Bildidee bis hin zur fertigen Aufnahme vor Augen zu führen und ihn dann Schritt für Schritt umzusetzen. Am Ende stand die gemeinsame Beurteilung, konstruktive und kritische Fragen der beiden Workshopleiter sollten den Denkprozess sehr anregen. Entspricht die Aufnahme, das Endprodukt wirklich der ursprünglichen Bildidee? Ist das Foto Zufall oder entspricht es der Skizze, die vorab gemacht wurde? Wie wurde vorgegangen und wie kann dieses Foto z.B. einem Kunden erklärt werden? Viele der Aufnahmen wichen vom ursprünglichen Ansatz ab. Knallhartes Fazit der Dozenten: Die typische Fotofalle! Erst eine Skizze machen und sich dann verlaufen. Am Ende kommt kein Bild von einem Hammer raus aber ein »Hammer Bild«.
Wozu braucht man Bilder?
War die nächste Frage, die es zu klären galt. Es folgte eine gemeinsame, intensive Diskussion. Welche Eigenschaften gehören zur Informationen und wer sieht sich eher auf der Seite der Emotion. In Gedanken geht man schon sein komplettes Fotoarchiv durch. Wo ordnet man was wirklich ein und warum wurde so und nicht anders aufgenommen? Wer kennt das nicht: Gefangen in dem Moment der Aufnahme sehen wir mitunter eine völlige andere Geschichte als später der Betrachter.
Du siehst was du denkst!
Nie ist es möglich, eine Aufnahme neutral und losgelöst von den eigenen Gedanken zu betrachten. Immer spielen unsere Kenntnisse und Emotionen eine bedeutende Rolle. Was interpretiert man in ein Bild hinein? Wie viel Information braucht ein Bild, um die richtige Antwort zu geben? Diese Diskussion führten wir anhand von Porträtaufnahmen. Alle abgebildeten Personen wurde in gleicher Position, in gleichem Umfeld aufgenommen. In den Aufnahmen waren auf dem ersten Blick sehr wenige Informationen vorhanden. Wer von ihnen fährt einen Mercedes? Wer hat eine Mietwohnung? Wer ist dir sympathisch oder unsympathisch? Wir suchten und suchten, diskutierten über Informationen, Anhaltspunkte unserer eigenen Wahrnehmung, und was wir glauben zu wissen, weil wir es nicht anders kennen.
Am zweiten Tag Feedback und schon war es wieder da, das Unwort des Wochenendes: die Fotofalle. Und mit ihr eine Fülle an theoretischen Überlegungen. Grundlagen der theoretischen Basis dieses Tages waren folgende Überlegungen: Der Fotograf bestimmt den Bildinhalt, seine Kamera ist das Werkzeug. Und dennoch kann der Betrachter eine völlig andere Bildaussage als der Fotograf sehen. Was braucht man für ein Foto: Kamera, Motiv, eine Idee bzw. eine Absicht? Eine Matrix mit vier Elementen war das Werkzeug der nächsten Stunden.
Bilder wurden nun nach folgenden Kriterien geordnet:
- Material für die Kunst des Fotografen
- Wie bin ich?
- Wie möchte ich gesehen werden?
- Wie sieht mich der Fotograf?
Das ging nicht ohne Diskussionen über die Bühne, sehr lange Diskussionen. Die zentrale Frage dabei war, wann ist ein Bild ein Bild? Ist es nur ein Abbild eines Gegenstandes oder macht der Fotograf es zum Bild? Mit Informationen werden Emotionen in ein Bild gegeben. Wir diskutierten über ein Stillleben. Zwei Vasen. Was ist die Kunst des Fotografen? Wenn er sein eigenes fotografisches und künstlerisches Talent in ein Bild hineinlegt? Das Objekt mit besonderem Licht betont oder aus einem ganz bestimmten Blickwinkel das Objekt aufnimmt?
Häufig erhalten wir Bildinformationen über einen bekannten Kontext. Der Kontext kann im Bild stecken, im Objekt selbst, oder es sind unsere Erfahrungen unser Wissen, unsere Gewohnheiten.
Wir versuchten nun unsere mitgebrachten Bilder in diese Matrix einzuordnen. Fragen wie: »Was war dir hier wichtig?«, »Was hast du gesehen?«, »Warum hast du so und nicht anders fotografiert?«, wurden intensiv und angeregt diskutiert.
Die Matrix war etabliert und wird uns in Zukunft vermehrt beschäftigen. Damit wieder zurück zum Hammer. Die Aufgabe lautete: sucht einen Platz auf der Matrix, plant die Form der Aufnahme und setzte sie um. Und, et voila, die meisten Aufnahmen entsprachen danach tatsächlich der vorherigen Planung. Geht doch! Dominik und Martin haben uns mit Geduld und Beharrlichkeit sehr viel vermittelt. Die umfangreiche Theorie wurde in vielen Diskussionen wiederholt und vertieft.
Ein Bild muss in dem Kontext, in dem du dieses Bild setzt, bestehen können. Es muss tatsächlich die Geschichte erzählen, die darzustellen beabsichtigt war.
Diese Erkenntnis nehme ich mit in meinen Arbeitsalltag, nun hängt der Hammer ;-)
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