Die Schwarze Kunst lebt

Texte visualisieren ist für Typografen ein besonderes Vergnügen. Denn oft entsteht beim Setzen von glattem Satz (das ist Satz in großen Mengen, Buchstabe für Buchstabe) eine Sehnsucht nach künstlerischer Tätigkeit. Und der gehen Mitglieder des Vereins für die Schwarze Kunst nach. Dabei hat diese Art Texte zu visualisieren eine große Tradition von barocken Figurengedichten bis zu typografisch visualisierten Gedichten des 20. Jahrhunderts.
Den Verein für die Schwarze Kunst gibt es schon seit 2013. Es geht dabei um das Bewahren handwerklichen Könnens beim Schriftgießen, Handsatz und Buchdruck zu fördern und die Wissensvermittlung an nachfolgende Generationen zu unterstützen. Was dabei besonders verdienstvoll ist, ist die Ausbildung von Nachwuchs mit Hilfe einer traditionellen Walz. Eine großartige Idee um das handwerklich-traditionelle Wissen und Können zu erhalten.
Jetzt hat der Verein ein sehr großes Projekt hervorgebracht: Gedichte von Christian Morgenstern werden visualisiert. Das geschieht natürlich im Handsatz in Blei und wird auch im Buchdruck gedruckt. Harald Klein hatte 1986 im Verlag Urachhaus 30 Galgenlieder im »Lichtsatz« visualisiert. Hans Peter Willberg schrieb dazu in einem Vorwort: »Fünfhundert Jahre hat es gedauert, bis es licht geworden ist in der Typografie. Durch den Lichtsatz wurde das Wort vom Blei frei … Doch die Dichter und Denker haben das noch nicht durchschaut, sie denken weiterhin in Blei.«
Doch jetzt ist das Blei wieder zurück. 60 Seiten von Morgenstern sind in einer neuen Bleisatzausgabe realisiert. Gestaltet von 29 Bleisetzerinnen/Designer, in 6 verschiedenen Pressen gedruckt auf handgeschöpften Papieren und von 22 Buchbinderinnen handgebunden (viele Männer waren auch dabei). Das Organisatorenteam bestand aus Willi, Beck, Heike Schnotale und Theresa Wedemeyer.
Die typografischen und künstlerischen Seiten im Buch überzeugen nicht nur durch ihren technisch oft komplizierten Aufbau (siehe Foto). Sie sind eine erfreuliche Lyrik-Visualisierung. Christian Morgenstern scheint sich da besonders zu eignen. Die Gedichte wieder zu lesen ist vergnüglich und es empfiehlt sich zur Ergänzung die Ausgabe »Alle Galgenlieder« bei der Büchergilde Gutenberg.






Mein Morgenstern
In Zusammenarbeit mit dem Verein für die Schwarze Kunst, dem Verein Meister der Einbandkunst und der Papiermühle Homburg entstand zum 111. Todestag des Lyrikers das Buch Mein Morgenstern. Von Hand geschöpft, individuell gesetzt, gedruckt und gebunden, präsentiert es in bibliophilem Gewand Morgensterns komisch-kreative Gedichte.
Die limitierte Auflage von 111 Exemplaren erscheint in 22 unterschiedlichen Einband-Varianten, jeweils gestaltet von 22 verschiedenen Einbandkünstler:innen exklusiv bei der Büchergilde.
Handgebunden, Inhalt gedruckt auf handgeschöpftem Papier (Papiermühle Homburg), Fadenheftung, 60 Seiten, Buchgestaltung und Herstellung vom Verein für die Schwarze Kunst und Verein Meister der Einbandkunst, in Stülpdeckelschachtel.
450 Euro
https://www.buechergilde.de/mein-morgenstern
Und das Buch wird an zahlreichen Orten ausgestellt und vorgestellt. Siehe:
https://www.verein-fuer-die-schwarze-kunst.de